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406 Psychische Studien. IX. Jahrg. 9. Heft. (September 1882.)
vom akademischen Katheder herab wurde dieser Gegenstand
behandelt. Der Professor der theoretischen Philosophie
, Sigurd Ribbing, (in der gelehrten Welt unter Anderem
durch sein auch in der deutschen Sprache erschienenes
"Werk über die Ideenlehre Platwis bekannt), berührte nämlich
in einer seiner Vorlesungen diesen Streit, dabei eine
vermittelnde Stellung einnehmend, indem er nämlich die
Unhaltbarkeit des Standpunktes derjenigen betonte, welche
Thatsachen desswegen läugnen, weil sie nicht nach den bis
jetzt bekannten Naturgesetzen zu erklären sind, wie aus
einem Zeitungsreferat, das ich Ihnen nebst einer Ueber-
setzung davon zur Einführung in die „Psych. Studien" zuzusenden
mir erlaube, ersichtlich ist.
Stockholm, d. 19. 4. 1882.
Hochachtungsvoll ergebenst
A. F. Äkerberg.
Aussprach des Professors Ribbing Aber die Wunder der Bibel.
Professor Ribbing, wie bekannt seit etwa dreissig Jahren
Inhaber des Lehrstuhls für theoretische Philosophie an der
Universität Upsala, hat auf Veranlassung eines Vortrages
über die Auferstehung Christi von Dr. C. von Bergen sich
in einer Vorlesung über die Wunder geäussert, welche
Aeusserung wir hier nach einem Auszug seiner Rede im
„Upsala-Posten" wiedergeben: —
„Die Wunder", sagt Professor Ä., „werden im Neuen
Testament in keiner Weise als gegen die Naturgesetze
streitend betrachtet, sondern als Kraftoffenbarungen von
der Liebe Jesu zur physischen, und in unmittelbarem Zusammenhange
damit zur religiösen Verbesserung des Menschen
. Dass man sie bisher nicht hat erklären können,
hängt davon ab, dass man der Erklärungsgründe entbehrt,
d. h. gerade der Naturgesetze. Man sagt, dass sie gegen
die Gesetze der Natur streiten; aber man sei so gut und
zeige mir, welche diese sind! Wir wissen noch wenig über
die Gesetze des Lebens in toto und über das Verhältniss
zwischen dem Geistigen und Körperlichen. Wer Alles verwirft
, was mit seinen abstracten Begriffen nicht übereinstimmt
, wendet gegen sich selbst ein „argumentum ad igno-
rantiam", und zwar nicht „ad rem", sondern „ad hominem" an.
Dass einige der Wunder leichter, andere schwerer zu erklären
sind, hängt davon ab, dass einige der Welt, die wir
kennen, näher, andere ferner liegen. Mögen wir die Frage,
in wie weit es möglich ist, die Wunder als widerspruchslos
zu verstehen, so lange dahingestellt sein lassen, bis wir
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