http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1882/0462
454 Psychische Studien. IX. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1882).
sahen in ihrem Beisein noch ein Mal nach, auch mit der
Hoffnung, jenem Spuk ein Ende zu machen. Aber statt
Geld zu finden, fiel sie sogleich, als sie an den Ort hindeutete
, in tiefe Ohnmacht, was deutlich zeigte, dass ein
Satansbetrug dahinter stecke. Sie sollte, mussten wir später
denken, das Geld heimlich finden und behalten, wenn der
Zweck der Finsterniss erreicht werden sollte. Denn Heimlichkeit
und tiefste Verborgenheit war die Macht der Finster-
niss in diesem Gebiete.
Im Verlauf war noch öfter von solchem Betrüge Satans,
um Seelen zu verderben, die Rede, und die Alt und Weise,
wie eigentliche Schwarzkünstler, nach den Aeusserungen
eines Dämons zu schliessen, solches Geld sich verschaffen
wollen, ist zu schauerlich, als dass ich es nacherzählen
möchte, wiewohl ich mich auch scheue, Nebendinge, die
nicht zum Verständniss meiner Geschichte wichtig sind, anzuführen
.
Das Meiste überhörte ich in der Regel, weil ich nie
ohne "Weiteres traute, und nur der in der Folge hervortretende
Zusammenhang machte mir manches beachtens-
werth, das es mir vorher nicht gewesen war. So verhielt
es sich auch mit dem Umstände, der jetzt folgt. Nachdem
offenbare Versuchungen zu abgöttischem Abfall von Gott
bei der G. nichts fruchteten, zeigte sich die Schlange noch
listiger. Sie kam ein Mal, da es ihr und den Ihrigen abermals
an allen Lebensmitteln mangelte, beunruhigt und gedrückt
in ihre Stube und sah auf dem Tische zu ihrem
Erstaunen einen Aermel von einem Mannshemde voll Mehl,
nebst einem Sechsbätzner, der oben darauf in einem Papier
eingewickelt lag. Durch das Frühere vorsichtig gemacht,
wurde es ihr abermals unheimlich zu Muthe. Wie kam
das Mehl herein? Die Stube war verschlossen, und vom
Fenster aus konnte es nicht auf den Tisch gelegt werden.
Dazu machte das sonderbare Behältniss das Geschenk verdächtig
. Als sie nach dem Gelde sah, so las sie die Worte
auf dem Papier: „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist
mein Schmuck und Ehrenkleid!" — »Nun," dachte sie, jedoch
nur, weil sie gerne so dachte, denn ihr unheimliches Gefühl
brachte sie damit nicht weg, — „das kann nichts Unrechtes
sein, das brauchst du!" Sie behielt also Geld und Mehl, und
that das nicht ohne Dank gegen Gott, wiewohl sie den
Geber, trotz allen Nachfragens, nicht entdecken konnte.*)
*) Zur Erklärung des hier scheinbar faktisch vorhandenen Geldes
und Mehles dient die Erfahrung der sog. Apports oder des magischen
Herbeibringens entfernter Gegenstände bei hierzu veranlagten Medien
— wobei es allerdings noch vielfach zweifelhaft bleibt, ob in solchen
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1882/0462