http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1882/0496
488 Psychische Studien. IX, Jahrg. 11. Heft. (November 1882.)
setzen? Haben wir schon alle psychologischen Gesetze
kennen gelernt, und sind wir gewiss, dass sie die organischen
Gesetze nicht lenken, wie die organischen die physikalischen
Gesetze beherrschen? Ist das unmöglicher, als
die Uebermittelung einer Botschaft nach Amerika in einer
Minute, oder als der Eindruck eines Bildes während des
Abdrückens eines Pistols vor dreissig Jahren erklärt worden
sein würde?
Aus dieser Täuschung vertrieben, sagen sie: „Wir
bestreiten die Competenz der Zeugen über die behauptete
Thatsache der Bewegung ohne Berührung." Aber dieses
ist einfach eine Frage für das Auge. Es bedarf hierbei
keiner speziellen Erziehung für Beobachtung, wie bei Experimenten
in einem Laboratorium. Jeder im Genüsse
seiner Sinne befindliche Mensch kann die Bewegung eines
Tisches bezeugen, und ob er berührt oder nicht berührt
wird, wenn er sich bewegt. Selbst wenn sein Auge ihm
versagen sollte, so ist doch das Maassband zwingend. Die
Mitglieder des dialektischen Sub-Comite's *) waren Männer
von mehr als durchschnittlicher Intelligenz und erfreuten
sich eines ausgezeichneten Gesichts. Ihre Vorurtheile lauerten
auf einen Betrug. Sie hätten irregeführt werden
können über die Bewegung der Zimmergeräthe einmal,
zweimal, oder auch dreimal; aber sie bezeugten diese Bewegung
ohne Berührung nicht weniger als vier und
dreissig Mal unter allen Mannigfaltigkeiten von Bedingungen
und unter den strengsten Prüfungen, und wurden
so „gegen ihren Willen überzeugt," obgleich der sprichwörtliche
Glaube nicht darauf folgte. Ausser den Bestätigungen
dieser speziell qualificirten Zeugen giebt es noch
deren Tausende von intelligenten Beobachtern ähnlicher
automatischer Bewegungen an verschiedenen Orten und
ihre Strahlen ist die Sonne selbst so wenig ganz zu packen und zu
erfassen, als wir an einer solchen vermeintlichen Geisterwirkung das
wirkliche Jenseits der Geisterwelt erfassen dürften, Dieses scheinen
uns die Schranken des Spiritismus zu sein, welche sich derselbe
noch nicht ganz klar gemacht zu haben scheint. Wir würden uns
freuen, wenn derselbe, durch unseren Widerspruch gereizt, die ex acte n
Beweise herbeischaffen helfen möchte, welche jenseitige Geisterwirkungen
vollständig erhärteten. Vorläufig begnügen wir uns wissenschaftlich
noch mit der „Theorie der psychischen Kraft", weil unsere
eigene Psyche die meisten angeblichen Geister-Erscheinungen besser
erilärt, als die bisherige „spiritistische Theorie."
Der Sekr. d. Bed.
*) Siehe „Bericht über den Spiritualismus vonseiten desComite's
der Dialektischen Gesellschaft zu London, ernannt zur Untersuchung
der als 'spirituelle Manifestationen' bezeichneten Phänomene/' In
3 Theilen. (Leipzig, Oswald Mutze, 1875.) a 4 Mark.
*
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1882/0496