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Edward W. Cox: Die Theorie u. d. Thatsachen d. psych. Kraft 493
Somnambulen verbleibt gar keine Erinnerung im wachen
Zustande von dem, was im somnambulen Zustande geschehen
ist; aber bei psychischen Versuchen erinnern
sich Alle nachher daran und können jeden Vorfall genau
berichten. Schliesslich ist der Zustand im ersteren Falle
rein der eines Traumes — bloss ein geistiger Eindruck;
im letzteren Falle aber findet stets eine Veränderung im
Zustande der Dinge rings um die Zuschauer her statt,
was über jeden möglichen Zweifel hinaus beweist, dass
eine Bewegung, gleichviel wie verursacht, wirklich stattgefunden
hat.*) Beim Schlüsse der Experimente befinden
sich eine Menge beweglicher Artikel, Zimmergeräthe, Bücher,
Schmucksachen und dergleichen in ganz anderen Theilen
des Zimmers als in denen, welche sie beim Beginn des
Experiments eingenommen hatten. Dieses kann kein Traum
sein — kein bloss geistiger Eindruck von bewegten Dingen,
welche nicht thatsächlich bewegt sind, wie es der Fall im
somnambulen Zustande ist. Die wirklichen Veränderungen
der Lage in den umgebenden Objecten sind jedem Fremden
sichtbar, der in das Zimmer kommt, nachdem das Experiment
geschlossen ist, und der deshalb keinem täuschenden
Einflüsse unterworfen gewesen sein konnte, wenn ein solcher
gewaltet hätte. Das Zimmermädchen, dessen Geschäft es
ist, das Zimmer in Ordnung zu bringen und die umher gestreuten
Artikel wieder an ihre gehörigen Plätze zu stellen,
würde gewiss ein zwingendes Zeugniss dafür ablegen, dass
die von den Zuschauern behaupteten Bewegungen nicht
eingebildet, sondern ganz wirklich waren.
Ihr verbundenes Zeugniss macht aber diese scheinbare subjektiv-wirkliche
Kreisbewegung deshalb noch zu keiner Thatsache der objectiven
Wirklichkeit, obgleich die in unserer Nähe scheinbar heranoewegte
wie die in weiter Feine mit uns fortbewegte Beobachtungsstelle beim
Stillehalten in Wirklichkeit daliegt, wo wir sie Alle, auch fremd Hinzukommende
, wahrnehmen. Und alle diese Erscheinungen sind doch
wahrlich kein Traum, sondern reale Sinneswirklichkeit — Thatsachen!
— Aehnlich dürfte es uns bei Beobachtung der meisten psychischen -
Phänomene ergehen. — Vergl. Oetobcr-Heft S. 470. —
Der Uebers.
*) Diese scharfe und strenge Scheidung unseres Bechtsgelehrten
zwischen trancebefangenen Somnambulen und wachen Psychikern ist
nicht richtig; wenigstens entspricht sie den wirklichen Thatsachen
der neueren Beobachtung nicht mehr. Bei Slade n. A. geschahen die
physikalischen Phänomene allerdings in scheinbar wachem Zustande, bei
liglinton, Frau Valesca H. und dem Mülsener Medium jedoch meist
nur im somnambulen Trance-Zustande. Aber auch der scheinbar
wache Zustand jener Medien war und ist sicher kein ganz normaler,
sobald derartige Erscheinungen bei ihnen auftreten. Am besten sehen
wir dies bei den sogenannten hypnotischen Experimenten, wo
scheinbar ganz sinnenwachen Personen die befremdlichsten Dinge vor-
gezaubert und alle Sinne bethört werden. — Der Uebers.
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