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500 Psychische Studien. IX. Jahrg. 11. Heft. (November 1882.)
Einzelnen kann ich nicht mehr erzählen. Es war viel zu
mannichfaltig, als dass ich's hätte im Gedächtniss behalten
können. Aber Tage waren es, wie ich keine mehr zu erleben
hoffe; denn es war so weit gekommen, dass ich, so
zu sagen, Alles aufs Spiel zu setzen wagen musste, wie wenn
es hiesse: Siegen oder sterben! So gross übrigens auch
meine Anstrengung war. so fühlbar war mir ein göttlicher
Schutz, indem ich nicht die geringste Angegriffenheit oder
Ermüdung fühlte, selbst nicht nach vierzigstündigem Wachen,
Fasten und Ringen.
Der Bruder war am schnellsten frei, und zwar so, dass
er sogleich thätige Hülfe im Nachfolgenden leisten konnte.
Die Hauptsache kam aber diesmal nicht an G., welche im
Selbstdisciplin halten, einer solchen zu erliegen vermöchten, wenn sie
zu ähnlichen Gelegenheiten und in die Nähe von vermeintlichen Magneti-
seuren kämen. — Das Folgende erinnert zum Theil an die jüngsten
höchst bedenklichen Vorgänge in Nord-Böhmen, welche dem „hochgeschätzten
Mitarbeiter Freiheit" (nach der Berichterstattung des
Herausgebers von „Licht, mehr Licht" in Nr. 47 v. 20. August 1882)
sammt seinem Fabrikpersonal in Folge Unkenntniss des psychischen
Gesetzes der Ansteckung und der Gesetze des menschlichen Magnetismus
(s. „Psych. Stud." Febr. 1882 S. 84 Note; — auch die Belehrung
des Herrn Dr. ßloede bedarf er nicht, weil ihm Christus selbst
seine Lehrgeister schickt (Licht, mehr Licht Nr. 49 v. 8|9. er. S. £91) —
passirt sind. Diese Fälle reihen sich ganz an den von uns mit Noten
begleiteten „Miss Vetmum-FüV* (s. „Psych. Stud." August- bis Decem-
berhett 1882) an. Wir lassen dem Herrn C. v.\ R. die kindliche
Freude, in den durch die dortigen von ihm selbst mitbeeinflussten
Medien bewirkten „Manifestationen der seligen Tante Katel, welche
durch die 17jährige Fabrikbesitzerstochter sogar ein Tänzchen mit
ihm machte", — wobei er entzückt und triumphirend ausruft: „Tod,
wo ist dein Stachel?!" — ferner in den „melancholischen Geistern
des Stubenmädels" — nur „der Kutscher" war frei von dergleichen
,,in der Luft liegenden medialen Anwandlungen" — und in dem durch
die schlesische Gouvernante sich offenbarenden „burschikosen Hause",
der oder das (in deren Gestalt) in der Gartenlaube „eine schwere algerische
Cigarre mit ihm ohne Seekrankheit verraucht und ein Seidel
Bier dazu geniest," — trotz der unconstatirbaren Identität desselben
— Manifestationen leibhaftiger reinkarnirter Geister des
Jenseits (wie Blumhardt solche von „Teufeln und Dämonen") auf's
freudigste wieder zu erkennen und frischweg zu behaupten: —
„Darin liegt eine Beweiskrait, die das morsche Gerüste theoretischer
Aufstellungen über 'subjective psychische Kraftwirkung' etc. der
'Psych. Studien4 mit einem Schlage über den Haufen wirft. Es ist
nicht Schade darum, weiss Gott!" — Ob das wohl von Christus geschickte
Lehrgeister sind, wie C. v. R.'s hochgeschätzter Mitarbeiter
Freiheit meint? ISun, die Nachdenkenden seiner Leser werden uns
das von ihm so leichtfertig umgestürzte Geiüst der subjectiven
psychischen Kraft — „Der Zweck bedingt die Mittel," wie er
selbst gesteht, — gewiss nach seinem geschilderten böhmischen
Hexensabbath wieder im Geiste sorglich aufrichten helfen. — Dann
mag er getrost noch dazu setzen: „Hölle, wo ist dein Sieg?!" —
Der Sekr d. Red.
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