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512 Psychische Studien. IX. Jahrg. 11. Heft (November J882.)
in unsere Welt ausnahmsweise treten können. *) Es müssen
daher thatsächlich alle diese Erscheinungen nach beiden
Gesichtspunkten beurtheilt werden. Ein Theil fällt entschieden
der psychischen Kraft des Menschen zu; ein
*) Diese Ansicht des geehrten Herrn Verfassers scheint dem
Unterzeichneten eben noch gar nicht genügend erwiesen. Sie ist
eine blosse Voraussetzung behufs Erkläiung gewisser seltsamer Erscheinungen
, die sich ja lediglich durch die von dem Hrn. Verf. doch
selbst vorausgesetzte psychische Kraft des Mediums kundgeben
können. Ob sie directe Einwirkungen bestimmter jenseitiger
Geister sind, steht ja noch zu erweisen. Sollen alle fremdartigen
Erscheinungen, die um uns her vorgehen und die wir uns nicht sofort
zu erklären im Stande sind, deshalb etwa kosmischen Geister-
Wesen zugeschrieben weiden? Warum erscheinen uns die kosmischen
Wesen nur stets durch Medien und nicht gleichmässig uns Allen,
die wir doch sicher dieselben seelischen Fähigkeiten haben, wie ein
Medium? Warum sind die kosmischen Wesen in ihren Wirkungen
so einseitig von nur einigen Medien abhängig und nicht verhäHniss-
mässig ebenso unabhängig und frei in ihren Gedanken und Wirkungen
wie wir Erdmenschen? Warum erwecken die jenseitigen
Geister unser Aller höhere Fähigkeiten nicht in entsprechender regelmässiger
Weise, wie unsere natürlichen Fähigkeiten erweckt werden?
Die angeblichen Geister spielen bei unseren Medien bereits durch
3 Jahrzehnte eine überaus unzulängliche Rolle hilfloser Abhängigkeit.
Ich halte die wiikliche Geisterwelt im Jenseits
unserer Erde für ganz anders geartet und wirksam
. Die inediumistischen Erscheinungen sind meines Erachtens
nicht dazu da, um erst jetzt eine dirtcte Wechselwirkung,
welche ja schon von Beginn der Schöpfung des Menschen an bestanden
haben muss, — sondern vielmehr um eine genaue Unterscheidung
zwischen den beiden Reichen anzubahnen. Durch die
mediuiniatischen Erscheinungen und ihr Studium sollen wir vielmehr
zuerst die uns Doch verborgenen Anlagen und Kräfte unseres eigenen
Seelenlebenb tiefer als bisher ergründen lernen. Wie wollten wir
ohne vollständige Kenntniss dieses unseres Seelenlebens auf jenes
einer uns unbekannte n jenseitigen Geisterwelt sicher hinüberschliessen
können? Letztere würde immer nur ein unvollkommenes Spiegelbild
unserer eigenen unvollkommen erkannten Geiste^welt sein und bleiben.
Es ist ein alter Satz: Wie die Menschen, so ihre Götter! Wir glauben
deshalb mit dem Herin Verfasser nicht minder fest an die Existenz
einer jenseitigen Geisterwelt, wie an die Gottes und
der ausser unserer sichtbaren Natur liegenden übersinnlichen
Natur Aber wir behaupten, Gott, Geisterwelt und übersinnliche
Natur sind an und für sich für unsere beschränkten Sinne unertorsch-
liche Gienzbegriffe. Es sind Abstracta, und wir müssen eben
von ihnen als den Aufsehen Dingen an sich abstrahiren. Was
wir aber mit unseren binnen innerlich wahrnehmen, sind lediglich
Vorstellungen unserer eigenen Psyche, und durchaus
nicht Erscheinungen der Gotth> it und Geisterweit. Diese ragen unendlich
über unser sinnliches Fassungsvermögen hinaus. Selbst Christus
wusste nicht mehr von ihnen, als Gott den „Vater44 zu nennen und
vom Jenseits zu sagen: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen
." Keine dtr christlichen Keligionen weiss bis jetzt mehr als
dieses vom Jenseits und der Geisterwelt. Was sie mehr zu wissen
vorgeben, sind idealisirte anthropomorphistische (vermenschlichte) und
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