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Wittigt Cagliostro. 531
des berüchtigten Cagliostro Aufenthalte in Mitau, im Jahre
1779, und von dessen dortigen magischen Operationen» Von
Charlotte Elisabeth Konstantia von der Recke, geb. Gräfin von
Mederns (Berlin, Nicolai*), 1787.) — Wer nun glauben
wollte, Herr Brünier sei dem wirklichen Lebensgeheimnisse
Cagliostro}s auf die Spur gekommen, dürfte sich trotz seiner
interessanten Citate aus den ihm zugänglichen Quellen gewaltig
irren. Er wittert von vornherein nur den Betrüger
in ihm, wie die Gegner Sladefs und Hansen9s in London,
Berlin, Wien und Leipzig bei deren Auftreten 1877 bis
1880 gethan haben. Zum Glück hat der verstorbene Professor
Zöllner das naturwissenschaftliche Zeug gehabt, seine
Gegner mit ihren Vorurtheilen gründlich ad absurdum zu
führen und die Thatsächlichkeit unerklärlicher Vorgänge
an der Person Stades und Hansen1* für alle Zukunft
zu erhärten. Dieses Verdienst bleibt Zöllner unbestritten,
auch wenn er sich wirklich in seinen Erklärungshypothesen
geirrt haben sollte.
Herr B. stellt z, B. die Frage: „Wie war es möglich,
dass eine so fromme und kluge Dame, wie Elisa, von Cagliostro
berückt werden konnte?" und gesteht selbst, dass
diese Frage ohne die Enthüllungen ihres Buches schwer
zu beantworten wäre. Aber noch schwerer erklärlich muss
ihm als total Ungläubigem an magnetische und mediumis-
tische Erscheinungen der Character Cagliostroys sein. Von
diesem haben wir leider keine eigene Lebensbeschreibung.
Das Meiste ist über ihn aus der Wundergläubigkeit seiner
Zeit heraus gefabelt. Was Elisa über Cagliostro berichtet,
ist doch nur ihr höchst subjektiver Eindruck von ihm,
weil sie selbst von mystischen Ideen, Hoffnungen und Erwartungen
erfüllt war, welche Cagliostro befriedigen sollte
und doch gewiss nur so weit, als seine spezifische Gabe
und sein eigenes Verständniss derselben reichte, befriedigen
konnte. Sie schreibt: „Es war aber weder die Barba Jovis**)
„noch das rothe Pulver mein Steckenpferd, indem meine
*) Der bekannte Berliner Buchhändler und Geisterseher, welcher
von diesem merkwürdigen Zustande durch Ansetzang von Blutegeln
an das Pfortadersystem geheilt wurde. „Als Freund der Aufklärung
„und Feind jeglichen Truges", sagt Herr Brünier, „gab er das gegen
„Geisterspuk gerichtete Bucn am passendsten heraus. Es erschien
„mit einer für die regierende Herzogin von Kurland, die Schwester
„Elisa's, bestimmten Dedication vom 25. April 1787. Darin sagt Nicolai:
„\Ew. Durchlauchten übergebe ich ehrfurchtsvoll ein Werk, dessen
„edle Verfasserin Ew. Durchl. schwesterlichem Herzen so nahe liegt.'"
**) Eine Arzenei, die Cagliostro selbst bereitete, nach seiner Behauptung
alle Kräfte des Menschen im Gleichgewicht erhielt und das
Leben der Sterblichen auf Jahrhunderte hinaus verlängern sollte. —
Das rothe Pulver dagegen sollte alle Metalle zur Keife Dringen. W.
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