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536 Psychische Studien. IX. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1882.)
dass noch ganz andere treibende Mächte hinter Elisa!s Veröffentlichung
steckten. Und in der That wurde sie auf einer
Eeise nach Karlsbad 1784 mit Spalding, Teller, Zöllner,
Nicolai, Strumsee und Biester, Bürger, den beiden Stollberg,
u. A. bekannt, deren Umgang ein angeblich erhellendes
Licht in den Kreis ihrer mystischen Ideen warf. Besonders
gab ihr der bekannte Schriftsteller und Freimaurer Bode in
Weimar über Cagliostro die vollste (?) Aufklärung. Hierauf
schrieb sie ihr Buch ... so berichtet abermals das Brock-
ftaws'sche Conv.-Lexikon über sie. Wir ergänzen diese nicht
unwichtige Nachricht noch dadurch, dass Elisa auch mit
dem Oberhofprediger Starck in Darmstadt in Verbindung
stand und über ihn eine Schrift (Berlin 1788) herausgab,
da er sie gleichfalls in der Theorie einer Verbindung mit
der Geisterwelt yon religiöser Seite aus bestärkt zu haben
scheint, aber in wesentlich anderem Sinne als Cagliostro.
Wir sind weit entfernt, Freifrau Elisa von der Recke
aus ihrem Verfahren einen sittlichen Vorwurf böswilliger
Absichtlichkeit machen zu wollen; sie handelte jedenfalls
in gutem (Hauben. Aber sie war nicht die Frau, einen
Cagliostro und dessen wahre Eigenthümlichkeit wirklich zu
durchschauen. Sie hat unseres Erachtens nicht ihn als
Betrüger, sondern in den Brunier'schen Mittheilungen sich
selbst als freiwillig Mystificirte verrathen. Sie selbst wollte
durchaus mit der Geisterwelt in Rapport zu treten, um mit
dem Geiste ihrer 1777 verstorbene!) einzigen Tochter und
mit dem Geiste ihres 1778 hingeschiedenen geliebten Bruders
Joh. Friedrich von Medem, dem sie ihre Bekanntschaft mit
den alten Classikern verdankte, in wechselseitigen Austausch
zu treten. Als aber der Magnetiseur Cagliostro von ihr
verlangt, sie müsse ihm unbegrenzten Gehorsam geloben,
wenn er sie in der Wissenschaft der Magie zu einer hohen
Stufe bringen solle, da weigert sie sich dessen. Ohne
Einwilligung desSubjects vermag bekanntlich
kein magnetischer Operator auf dasselbe
zu wirken. Sie wollte jedenfalls die Erscheinungen
ganz nach ihrem eigenen Sinne und Willen gelenkt
wissen. Dahin zielt jedenfalls folgender Bericht Brünier's:
„Als sie eines Tages während einer gemeinsamen Fahrt
„aufs Land (nach Wilzen zu ihrem Vatersbruder) neben
„Cagliostro im Wagen sass und diesem auf eine Frage
„seiner Meinung nach nicht aufrichtig genug geantwortet
„hatte, da überschüttete er sie mit einer Fluth von Vorwürfen
. Er liess sich vermöge seines cholerischen Temperaments
zu dem Ausrufe hinreissen: 'Sehlange, die ich an
„meinem Busen nährte P — Auch nannte er Elisa von der
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