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542 Psychische Studien. IX, Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1882.)
weitem vertrauenswürdiger und überzeugungskräftiger, als
der von Dr. Carpenter zur Unterstützung desjenigen beigebrachte
, was so viele seiner wissenschaftlichen Collegen
seine Hallucination nennen. Er vergisst, dass er nach
ihrer Ansicht selbst, wenn nicht der leichtgläubigste, so
doch der Leichtgläubigsten Einer ist, der die wunderbaren
Geschichten, auf welche er seine vielgerühmte Theorie der
„unbewussten Cerebration" gründet, unbesehen hinnimmt. *)
Ich gehe nun zu der Frage über, der diese Abhandlung
eigentlich gewidmet ist.
Giebt es eine Kraft, welche in Gegenwart gewisser
Personen ohne körperliche Berührung oder Verknüpfung
an schweren Körpern gleichsam innerlich Bewegung hervorbringen
und hörbare Töne erzeugen kann, die zuweilen
von Intelligenz geleitet erscheinen?
Wenn es eine solche Kraft thatsächlich giebt, von
woher kommt dieselbe?
Ist sie, wie der Spiritualismus behauptet, die Wirkung
von Geistern Abgeschiedener?
Oder ist sie, wie von Mr. Crookes und anderen wissenschaftlichen
Experimentalisten behauptet wird, eine Kraft,
welche aus der menschlichen Organisation hervorgeht oder
in irgend einer Weise direct von ihr abhängt?
Die folgenden Seiten sollen zuerst die bewiesenen
Phänomene feststellen und dann das Argument entwickeln,
welches uns zu dem Schlüsse geleitet hat, dass die Kraft
eine rein psychische Kraft ist und nicht das Werk von
Geistern Abgeschiedener.
Es wird gegen diese Untersuchung eingewendet, dass,
wenn die Sache bewiesen, ihre Kenntniss werthlos sein
werde. Ich erwiedere mit der .Frage: Ist irgend welche
Kenntniss einer neuen Thatsache in der Natur wirklich
ohne ihren Nutzen? Steht irgend eine Thatsache für sich
allein? Hat nicht die Entdeckung oft einer einzigen, scheinbar
noch so trivialen und werthlosen Thatsache stets zur
Entdeckung einer endlosen Reihe anderer Thatsachen geführt
, welche aus ihr hervorgewachsen sind? Sind wir schon
Muskelthätigkeit und der unbewussten Gehirnthätigkeit (Cerebration).
Von JDr. med. William B. Carpenter, Mitglied der Eoyal Society zu
London.1" (Psych. Studien 1874 S. 172, 174, 218, 269, 316, 363, 458,
462, 509.) — Der Uebersetzer.
*) Für meinen eigenen Theil kann ich die von den Physiologen
über Dr. Carpenter und seine Theorie gemachten iäeheilichea Bemerkungen
nicht begründet finden. Ich aeeeptire seine Theorie ganz
und glaube in ihr eine Lösung des Problems zu sehen, wie dk von
Mr. Crookts bewiesene psychische Kraft gelenkt und geleitet wird. —
Der Verfassen
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