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566 Psychische Studien. IX. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1882.)
Dr. Schultze in Dresden „Ueber die neuesten Offenbarungen
aus dem Geisterleben." Referent nennt
denselben „eine auf Grund eingebender und umfänglicher
Forschungen lichtvolle und scharfsinnige Kritik." Wir
haben schon einmal im März-Heft 1882 der „Psych. Studien"
uns mit „Immanuel Kant und Herrn Prof. Fritz Schultze über
Geisterseherei" beschäftigt. Heut nehmen wir den Faden
wieder auf, wo wir ihn fallen gelassen, und finden die
Studien des polytechnischen Professors im höchsten Grade
lückenhaft und irreleitend. Wer von den Kennern der
wahren Sachlage wird z. B, folgende Rodomontaden glauben,
welche Herr Schultze sich nur so zurecht gelegt hat, um
sein Verdienst der Widerlegung eines so ungeheuren Gegners
vor seinen Zuhörern in das strahlendste elektrische
Licht zu rücken.
Da heisst es: „Redner bezeichnete es zunächst als einen
Irrthum, wenn man die spiritistische Bewegung in Deutschland
nach Zöllners Tod als abgeschlossen betrachte; vielmehr
gehe sie im Stillen weiter und greife mehr und mehr
um sich. (Als ob Zöllner je Spiritist in des Redners Sinne
gewesen! W.) Die Zahl der Spiritisten überhaupt könne
man heute bereits auf 20 Millionen schätzen. (Bei der
nächsten Vorlesung wird Herr Prof. Schultze seine Statistiker
von 50 Millionen sprechen lassen! W.) Ihre Literatur
wachse ins Ungeheuere und ihre Propaganda sei eine durchaus
planmässige. (Darin können v/ir ihm einigormaassen
Recht geben. W.) Vergegenwärtige man sich nun, dass
der Spiritismus, der einerseits den ganzen Radicalismus
der modernen Zweifelsucht, (Redner meint vielleicht die
exact wissenschaftliche Untersuchung der mediumistischen
Phänomene durch hervorragende Forscher! W.) andererseits
aber doch dabei so viel Mystik in sich enthalte, als der
Durchschnittsmensch für seinen Privatgebrauch nöthig hat,
eine neue Weltreligion sein wolle, dazu bestimmt, alle bestehenden
Religionen, also auch das Christenthum, zu vernichten
und eine priesterlose Kirche zu schaffen, (Die Beweise
dafür fehlen gänzlich im Referat! W.) und dass er
auch mit communistischen Bestrebungen verquickt sei
(Eine totale Unwahrheit! W.), so könne man sich nicht
verhehlen, dass es sich hier um ein sociales Problem handle,
welches Staat und Kirche gleicherweise interessire." (Auf
diese Weise ist die Sache beiden Gewaltmächten glücklich
denuncirt! W.) — Wie genau Herr Prof. S. unterrichtet
ist, ergibt seine historische Betrachtung, dass es 2 Jahre
nach Entstehung des Spiritismus in Amerika schon 30,000
Medien gab, (Was Redner sich nur von einem Medium für
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