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1 Psychische Studien. X. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1883.)
gangen sei." Elisa war trotz ihres Buches gegen Cagliosiro
von den eigentlichen Grund - Lehren dieses Mannes nicht
frei, sondern hat ihrem Glauben an eine faktische oder
mögliche Verbindung mit der Geisterwelt nachweislich bis
zu ihrem Tode nachgehäugt. Der Dichter Tiedye gab ihr
dieselbe Ueberzeugnng nur in einer pottisch verklärteren
oder abgeblassteren Gestalt wieder, während Cagliosiro ihr
dieselbe in lebensvolle sinnliche Erscheinungen umzusetzen
versprach.
Es ist ferner ein grosser Irrthum des Herrn Brünier,
von Cagliosiro zu behaupten, dass sein Vorgeben, Gold und
Edelsteine zu machen, oder der Menschen Lebensdauer
durch ein Elixir zu verlängern, bloss ein Ausfluss seiner betrügerischen
Schlauheit gewesen sei. Weil die meisten
Menschen sich Gold und langes Leben wünschen, „deshalb
„sprach Cagliosiro, die Menschen in seiner Schlauheit nach
„dem Grade ihrer Betrügungsfähigkeit verschieden behandelnd
, zu solchen, bei denen er Köhlerglauben vorfand,
„dass er bereits 150 Jahre zähle. Sich ein Alter von Jahrtausenden
beizulegen, wie es der (gleichzeitig lebende) Graf
„von Saini-Germaht*) that, dazu war Cagliosiro zu vorsichtig.
„Hatte doch sein frecherer Vorgänger nur mit aussei ster
„Mühe sein Lügengewebe vor dem Zerreissen 7U schützen
„vermocht. Wenn die französischen Damen in ihrer naiven
„Fragelust von der Eroberung Jerusalems durch Tiius, dem
„Brar de Roms durch Nero und ähnlichen Weltbegebenheiten,
„denen ja der edle Graf nach seinei Versicherung beigewohnt
hatte, genaue Schilderungen verlangten, so brach
„ihm doch häufig der Angstschweiss aus. Cagliosiro bedachte
, dass ein Zeitraum von 150 Jahren schon hinläng-
„lich in Verlegenheit zu setzen im Stande sei. Deshalb
„wagte er die Behauptung eines Alters von anderthalb
„Jahrhunderten nur solchen gegenüber, die sich zu der verblüffenden
Thatsache in einer Art stumpfen Staunens ^erhielten
und einzig die Hoffnung äusserten, gleich dem
„Wundermanne von dem Alles beengenden Zahne der Zeit
„verschont zu werden Auf die edle Elisa von der Recke,
„die vor dem Tode kein Grauen hatte, da sie fest an ihren
„Erlöser und die Unsterblichkeit der Seele glaubte, hätte
„Cagliosiro durch die Verheisstuig, ihre Lebensdauer verlängern
zu wollen, nicht den geringsten Eindruck gemacht.
„Elisa war jede Sekunde bereit zum Aufsteigen in das
„bessere Jenseits. So lange es ihr vom Geschicke auferlegt
*) Vergl, über Ihn: „Eine mediumistische Leistung des Grafen
von Sami-Germain." („Psych. Stud." Februar-lieft 1832, S. 90 ff.)
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