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30 Psychische Studien. X, Jahrg. 1. Heft. (Januar 1883.)
„Klagen des Mediums oft so drastisch aus, dass Schaums
p i e 1 e r Studien an dem Anblick machen könnten, um
„zu lernen, wie man unter dem Eindruck gewisser Schmerzen
„und Leiden stirbt .... Kämen diese Erscheinungen nicht
„von den controlirenden Geistern, sondern von den Medien,
„die (das Alles) nur nachmachten, so müssten dieselben
„die grössten Schauspieler sein und hätten jedenfalls ihren
„Beruf verfehlt; denn als Künstler ersten Ranges könnten
„sie Ruhm und Reichthum erwerben, während als Medium
„Verachtung und Armuth ihr Loos ist." —
Letztere Ansicht theilen wir durchaus nicht. Warum
inkarniren sich denn die Geister grosser Schauspieler nicht
in ein solches Medium und setzen alle Bühnen in gerechtes
Erstaunen? Steckten wirklich solche grosse Geister hinter
den Medien und deren Personißeationen, so müssten auch
die Medien zur allgemeinen Geltung kommen, ähnlich wie
der grosse Devrieni sich von niedrigen Zuständen zu der
höchsten Höhe der darstellenden Kunst emporzuarbeiten
wusste. Die Wirklichkeit, welche hinter allen diesen
Erscheinungen steckt, ist eben eine ganz andere.
Doch hören v,iv, ehe wir diese Wirklichkeit entwickeln
, zuvor den Herrn Verfasser dieses Artikels seinen
„schlagendsten" Beweis für seine vorhergehenden hypothetischen
Behauptungen beibringen. „Vor Jahren" — erzählt
er — „als der Bürgerkrieg in den Ver. Staaten noch wüthete,
„nahm in einer Sitzung ein Geist von unserem Organismas
„Besitz und stellte durch denselben den Tod eines Menschen
„dar, der durch einen Schuss durch die Brist getödtet
„worden. Die Manifestation soll so ergreifend und natur-
„wahr gewesen sein, dass unsere Freunde faktisch um unser
„Leben bange und zu Thränen gerührt wurden. Als dann
„der Geist durch uns sprechen konnte, stellte es sich herais,
„dass er der Sohn der anwesenden Wittwe Dixon war, von
„dessen Existenz wir keine Idee gehabt, und alle die Mitteilungen
, so wie die plastisch dargestellte Art seines
„Todes, stimmte alles mit der Wahrheit überein. Er selbst
„erklärte, dass er alle Todesqualen noch einmal empfunden,
„als er Besitz von unserem Organismus ergriffen habe/* —
Damit stehen wir nun vor der Aufgabe, diese Erlebnisse
nach unserer schlichten psychischen Theorie auf das
einfachste zu erklären. Ein Medium im Trance befindet
sich in einem äusserlich zum Theil gelähmten, aber innerlich
, seelisch desto mehr erweckten Zustande. In diesem
Zustande hat es ein reges sympathetisches Mitgefühl für
seine ganze Umgebung. Man sagt, diese trete mit ihm in
Rapport, d. h. die innere Aufmerksamkeit der Psyche wiid
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