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La Roy Sunderland: Ideologie.
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Es herrscht eine offenbare Verwandtschaft unter allen
diesen Zuständen, welche als Somnambulismus, Katalepsie,
Mediumismus, Hallucination und Trance bekannt sind. Und
ein solcher ist auch derjenige Zustand des menschlichen
Geistes, den man für einen „höheren Zustand" hält, durch
den man „Botschaften von den Abgeschiedenen" und „Offenbarungen
aus dem Himmel" gewinnt. Und wundert sieb
nun der Leser, dass Schreiber dieses länger als ein halbes
Jahrhundert bei seiner Beschuldigung beharrt hat, dieses
sei ein gigantischer Betrug wider das wahre Christenthum?
Und ohne Zweifel haben Manche gelehrt, dies sei zu streng
genommen, wenn man einräume, wie er doch thue, dass die
Christen gute Leute seien, da ich die wissenschaftlichen
Gründe nicht angab, auf welche hin meine Anklage erhoben
wurde.
Und hier halte ich ein aus zwei Gründen: — 1) Ich
wünsche diesen Artikel nicht zu lang zu machen. Und 2)
könnte ich meinem Gegenstände nicht gerecht werden nur
in einem einzigen, wenn auch langen Artikel. Das Christenthum
ist auf den Trance gegründet. JEs behauptet, dass
sein „Gott" den ersten Menschen, der auf diesem Planeten
athmete, in einen tiefen Schlummer (Trance) fallen liess;
und Dr. Adam Clarke, der berühmte Commentator oder
Schriftausleger, dass des St. Paulus Verzückung „den höchsten
Grad von Inspiration," — den „höchsten und besten
Geisteszustand behufs Erhaltung von Visionen und Offenbarungen
von dem Herrn" beweise. Und dennoch machen
hauptet, dass die sog. Geister (also wohl auch der noch lehende Geist
von A. J. Davis und seiner Werke) den Medien und Gläubigen nichts
weiter „mittheilen" können, als was wir nicht schon vorher erfahren
können durch die im Trance befindlichen Gehirne eines Mediums und
Derer, an welche die Botschaft gerichtet ist, so springt in die Augen,
dass das selbstmörderische Ehepaar in seinem Trance aus Davis' „Philosophie
des Todes" nur das herauslas, was es selbst schon längst
dachte und wünschte. Damit ist die That richtig allein in die Thäter
selbst verlegt; denn die Thilosophie des Todes1 enthält keine Spur
irgend eines Käthes zum Selbstmorde, sondern vielmehr die folgende
Stelle: — „Schliesslich wünsche ich dem Leser einzuprägen, dass bei
„einem rein natürlichen oder nicht durch eine%Zufall herbeigeführten
Tode nichts zu fürchten, aber viel zu lieben ist." (S. Davis
„Der Arzt" S. 176.) „Und es giebt wirklich ebenso wenig Schmerzliches
oder Abstossendes in dem natürlichen Processe des Sterbens
„(demjenigen, welcher nicht durch Krankheit oder Zufall herbeigeführt
,,wird), als in dem Eingehen in einen ruhigen, behaglichen und traum-
„losen Schlummer." (Das. S. 165.)
Damit halten wir Davis wenigstens in Deutschland vor weiteren
ungerechtfertigten Angriffen aus obiger leicht misszudeutender Stelle
des Mr. Sunderland für genügend geschützt.
Der Uebersetaer.
JPsyohische Studien. Februar X883. 5
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