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76 PsycMsche Studien. X. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1883.)
einfach daran zu erinBern, dass weder die intelligenten
Klopflaute, noch das Uebergreifen seelischer Kräfte des
Mediums auf die daliegenden und von ihnen gehandhabten
Instrumente, noch das wunderbare Entfesseln und Wiederfesseln
des Mediums, welches aller gewöhnlichen sinnlichen
Erfahrung am meisten zu spotten scheint, mit absoluter
Notwendigkeit gerade nur auf Geisterwirkungen hinführen.
Wir sahen in allen Fällen vielmehr nur das somnambule
Medium selbst anwesend und mit seinen Eigenschaften
thätig. Es verrieth keine Kundgebung durch
die Klopflaute, dass jenseitige Geister sich etwa mehr um
ihre eigenen Offenbarungs- als um die speciell das Medium
betreffenden Angelegenheiten bekümmert hätten. Wenn
Medien sich auf diese Weise selbst Verhaltungsmaassregeln
vorschreiben, so wurzelt das offenbar zunächst in ihrem
innersten Selbstgefühle, und nicht in dem eines auswärtigen
Geistes.
Die Aufgabe der exacten Wissenschaft ist in erster
Linie, nur zu registriren, was faktisch geschieht oder geschehen
ist. Das Wie ist eine spätere und offenbar so
viel schwierigere Sache verwickeltster Schlussfolgerungen.
Wir müssen uns stets bewusst bleiben, dass wir bei wissenschaftlicher
Erklärung einer Thatsache eigentlich das ganze
Universum zur Voraussetzung haben, d. h. die einheitliche
Kette aller Ursachen und Wirkungen durch das ganze All.
Und da wir dieses unendliche Gebiet nicht zu überschauen
im Stande sind, so bleibt selbst für die nächstliegendsten
und bekanntesten Dinge immer noch ein grosser unerklärbarer
Rest. Wir nennen diesen abermals in einer Person i-
fication „die .Natur" oder „Gott", je nach unserer wissenschaftlichen
oder religiösen Stimmung. In beiden kann und
muss nun allerdings auch „die jenseitige Geisterwelt" eingeschlossen
sein, denn sie ist ebenso wohl natürlich als göttlich
zu denken: — aber alle diese ganz abstracten Vorstellungen,
Begriffe oder Ideen sind im Grunde genommen nur Ausschluss
- oder Grenzbegriffe desen, was wir nicht wissen,
gegenüber dem, was wir wissen oder erfahren.
Also wir wissen im Grunde genommen nichts darüber,
was eigentlich „Natur", „Geisterwelt" oder „Gott" an und
für sich sind, ausser demjenigen, was wir von unserer eigenen
Natur, unserem eigenen Geiste und unserem eigenen innersten
Gewissen oder Gottgefühle wissen. Wollen wir mehr von
ihnen wissen, so köimen wir uns nur lediglich selbst tiefer
als bisher studiren, — eine Weisheit, welche schon Sokrates
lehrte mit den Worten: „Erkenne dich selbst!" Wir werden
auf Erden niemals die Natur, Gott oder die Geisterwelt
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