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W. F. Barrett: Gedankenlesen. 109
In den letztvergangenen Sommermonaten des Jahres
1881 ist der folgende merkwürdige Fall unter meine Beobachtung
gekommen, und ich habe ihm die sorgfaltigste
Untersuchung angedeihen lassen, sowohl allein, als auch in
Verbindung mit einem hervorragenden Freunde. V &m
Ein Geistlicher in Derbyshire hat fünf junge Kinder,
vier Mädchen und einen Knaben im Alter von 9—14 Jahren, i £
die alle im Stande sind, die gewöhnlichen Verrichtungen'
des „ Wollensspieles44 rasch und mit Erfolg zu leisten, ohne
Berührung der Hände oder irgend welche Verbindung
, ausser der Luft zwischen der einwirkenden
Person und dem von ihr beeinflussten Subjekt
. Ueber dieses können Buchstaben und Worte, oder
Namen von Orten, Personen und Karten prompt und genau
errathen werden; die Fehlversuche bei diesen Prüfungen
betrugen nur einen auf zehn auf einander folgende Fälle.
Die Fehlversuche bilden, wie mir vom Vater versichert wird,
— und ich habe keinen Grund, seine Wahrhaftigkeit zu bezweifeln
, — einen weit kleineren Bruchtheil, wenn die Bander
nicht durch die Anwesenheit von Fremden verwirrt werden;
so z. B. versicherten mich die Eltern, dass ihre Kinder, bevor
ich eintraf, richtig i 7 aus einem Packet auf Geradewohl
gezogene Karten richtig ansagten ohne eine einzige Fehlangabe
, und nach diesem gaben sie noch richtig die Namen
von ein Dutzend beliebig ausgewählten englischen Städten.
Ich will jedoch nur die Aufmerksamkeit erbitten auf das,
was unter meine eigene Beobachtung kam, und dies war in
Kürze Folgendes: —
Eins der Kinder, Maud (Mathilde), ein Mädchen von
zwölf Jahren, wurde in ein angrenzendes Zimmer genommen,
und beide Zwischenthüren wurden geschlossen. Ich schrieb
alsdann auf ein Papier den Namen eines nichtimZimmer
befindlichen Gegenstandes (um jede unbewusste Leitung
durch die Augen Derjenigen, welche das ausgewählte Ding
kannten, zu verhüten,) und händigte dieses Papier ringsum
Allen ein, welche anwesend waren. Nicht ein Wort war
zu sprechen gestattet. Ich selbst rief sodann das Kind herbei
, stellte es mit dem Rücken gegen die Gesellschaft, oder
verband ihm zuweilen auch die Augen, ehe ich es ins Zimmer
hereinbrachte, und versetzte es in eine Lage, in der kein
Flüstern, noch eine andere Privatmittheilung es ohne Entdeckung
erreichen konnte. In zwei bis zwanzig Sekunden
nannte Maud entweder den Gegenstand, den ich niedergeschrieben
hatte, (das Papier hielt ich selbstverständlich verborgen
,) oder sie holte ihn, wenn sie dies thun konnte, ohne
Schwierigkeit herbei. Jedes Kind wurde hierauf eins nach
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