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140 Psychische Studien. X. Jahrg. 3. Heft. (März 1883.)
der Affektionen des Geistes, also einer Substanz, ist uns
also auch geläufig. Man wird also zugeben müssen, dass
die Gleichzeitortigkeit eine uns ganz geläufige Vorstellung
ist, und zwar als Anschauung in der Intusperception, wobei
freilich die Sonderung der Substanzen durch Denken geschieht
, oder als transscendibel gedachte Anschauung oder
plastischer Gedanke.
Ich sagte oben „je einer Welt44; denn sowie der menschliche
Geist mit seinem zugehörigen materiellen Körper
gleichzeitortet, so können auch unzählige, ja unendliche
Welten als mit der unsrigen gleichzeitortig gedacht werden;
ja wir werden es vielleicht für wahrscheinlich halten, dass
es so ist. Es ist nun möglich, dass diese gleichzeitortigen
Welten niemals von einander Kenntniss erhalten, oder auch
nur in einzelnen Fällen, sei es durch gesetzmässige, regelmässige
oder unregelmässige*) Willensakte des Absoluten,
Es würde also die Materie unserer Welt nur unter sich
nach dem Gesetze der Ungleichzeitortigkeit geordnet sein,
während diese selbe unsere Materie mit Materien anderer
Welten sehr wohl gleichzeitorten kann; ja es kann Welten
geben, deren Materien auch unter sich dem Gesetze der
Gleichzeitortigkeit folgen. Es ist die Annahme gleichzeit-
ortiger Welten zwar nur eine Vermuthung, aber eine
Vermuthung höchster Wahrscheinlichkeit.
Hiernach giebt es eine dreifache Unendlichkeit räumlichen
Geordnetseins, der Extensivität, der Intensivität und
der Gleichzeitortigkeit.**)
Es möchte sich mancher geneigt fühlen, die Gleichzeitortigkeit
als eine Dimension des Baumes anzusehen und
demgemäss von unzähligen oder unendlichen Dimensionen
des Raumes sprechen, wie Czolbe die Zeit die vierte Dimension
des Raumes nennt.***) Allein die Zeit kommt allen drei
gewöhnlichen Dimensionen des Raumes zu; denn der Raum
partizipirt an der Zeit, und die Zeit partizipirt an dem
Räume, da Raum und Zeit, beide in ihrer absoluten, unendlichen
Realität gefasst, (nicht also als Participationen
und intellektuelle Vorstellungen) ewige Wesenheiten oder
apriorische Formen des Absoluten sind.f) Die Gleichzeitortigkeit
kommt ja eigentlich nicht dem Räume zu,
*) Mein „Panprosopismus" 4 d und meine „Phänomenologie und „Metaphysik
der anormalen Sinnesbilder" I 3.
**) Vgl. meinen „Pisticismus und Substanzialismus" 4 e S. 53.
***) Heinrich Czolbe, „Grundaüge einer extensionalen Erkenntnisstheorie
", (Plauen i.V. 1875, Ä. Rohmann) S. 53. Vgl meinen „Pisticismus
und Substanzialismus" 4 f S. 58.
f) Mein „Pisticismus und Substanzialismus" 4 d, e und f.
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