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170 Psychische Studien, X. Jahrg. 4. Heft. (April 1883.)
In meinem Werke über „Statuvolence" habe ich gelegentlich
der Mittheilung einer verstorbenen Tante durch deren
(damals unter ihrer Controle befindliche) Nichte geäussert,
dass, wenn Geister überhaupt Personen controlirenTlnd durch
sie sprechen können, solches nur während ihres Befindens
im statuvolischen Zustande zu geschehen vermag. Daraus
würde folgen, dass der statuvolische Zustand die Grundlage
der Geister-Controle wäre, wenn eine solche Controle oder
Besitzergreifung überhaupt möglich ist, was ich Denen zu
entscheiden überlasse, welche eigens an dieser Frage inter-
essirt sind. Ich versuche hier nur, Thatsachen zu con-
statiren, welche mir auf meinem Forschungswege vorgekommen
sind.
Ein von meinen Untersuchungen ganz unabhängiger,
recht seltsamer Vorfall fand in meiner Gegenwart im Hause
eines Freundes statt, dem ich vor zwei Jahren einen Besuch
in Cincinnati abstattete. Um jedoch eine verständliche Darstellung
zu geben, wird es zuvor nothwendig sein, eine kurze
Nachricht über das zu bringen, was stattgefunden hatten
ehe ich der jungen Dame begegnete, welche unwillkürlich
dk^Hauptrolle bei den Ereignissen während meiner Anwesen-
heivWelte.
\\ mir nachträglich mitgetheilte Geschichte des Falles
lautete, dass * vor einiger Zeit ein Geist sich bemüht hätte,
Miss F —, uiw junge in Rede stehende Dame, welehe noch
niemals in einem somnambulen oder statuvolischen Zustande
sich Ijefunden, zu controliren; sie kannte weder diesen Zustand
, noch wusste sie etwas von Geister-Controle, da sie noch
niemals Augenzeugin von etwas Derartigem gewesen war.
Bei einer Gelegenheit bemühte sich dieser Geist, sie in
der Kirche zu controliren, unfl ihre Freundinnen, welche
nicht wussten, was mit ihr los war, hatten sie aus dem
Gottesdienste entfernt.
Nach dieser Zeit wurden von demselben Geiste wiederholte
Versuche gemacht, sie zu controliren, aber mit nur
unvollkommenem Erfolge bis wenige Abende vor meiner
Bekanntschaft mit ihr. Bei dieser Gelegenheit jedoch war
die Controle, obgleich das Mädchen bewusstlos und scheinbar
vollkommen vom Geiste beherrscht $rar, dennoch unbefriedigend
, weil der Geist einen solchen unglücklichen Zustand
mit sich brachte, dass sie an der Krankheit zu leiden
schien, an der er hatte sterben müssen.
Dieser Zustand des Geistes verursachte grosse Belästigung
und verhinderte die freie Aussprache desselben,
so dass nichts Zusammenhängendes oder Intelligentes mit-
getheilt werden konnte.
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