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Maria v. L.: Giebt es übertragende Heil- und Zauber-Mittel? 251
Giebt es übertragende Heil- und Zauber-Mittel?
Verehrter Herr Sekretär der Redaktion!
Vorerst herzlichen Dank für Ihr liebes, werthes Bild
und dann auch für die klare Entwickelung Ihrer Geisterhypothese
und Ihres Dioskops. Mir ist Ihre fast Schopenhauer
-Buddhistische Annahme einleuchtend, und ich trete
derselben gern bei, und doch „Grau, theurer Freund, ist
alle Theorie!" Sie haben sich auf eine schwindelnde Höhe
emporgeschwungen, auf der wohl starke Geister ohne Stab
und Stütze ungestraft verharren mögen; aber die grössere
Mehrzahl dürfte sich da hinauf nicht ungestraft wagen. —
Dass ich nun der Ansicht meines bisherigen Lieblingsschriftstellers
C. Flammarion m manchen Punkten entsagen
muss, das haben Sie verschuldet; — aber ich folge Ihnen
gern, bester Herr Wittig, gern und aufrichtig, da ich, Dank
Ihres lieben Briefes, bessere Ueberzeugung gewonnen habe.
— Mein Gatte und ich bedauern, dass Sie missverstanden
und angefeindet werden, und wünschen Ihnen Gottes reichen
Segen und stete Hülfe, damit Sie trotz alledem muthig
und unbeirrt das reine Geisteslicht weiter tragen können.
Wir staunen über Ihre riesige Arbeitskraft. Mehrere Nrn.
der „Psych. Studien" sind ja einzig Ihrer.....Feder
entflossen. Ich bewundere und bemitleide Sie: — haben
Sie denn so wenig wirklich treue Anhänger in Deutschland
? — Sollten unsere Landsleute so geringe Begriffsfähigkeit
besitzen für den rein ethischen Standpunkt?! Das
wäre traurig! — Wir verstehen und würdigen Ihr Streben
und lassen es uns recht angelegen sein, Ihrer Tendenz
wenigstens hier Anerkennung zu gewinnen. Zu wiederholten
Malen spricht mein Gatte in seinen Artikeln in den
„Odessaer Nachrichten"*) mit grossem Eifer für Ihre
Sache, und so viel wir wissen, fand das guten Anklang.
In „The Theosophist" treffen wir manchen Paragraphen,
welcher der Uebersetzung gewiss werth sein dürfte. Wüsste
ich, dass Ihnen dieselben willkommen wären,**) dann hätte
ich Ihnen gern ein Stündchen Ruhe verschafft. Es würde
mir ein Vergnügen sein, an Ihrer Bürde mitzutragen. Sie
werden denken: „das wird wenig erleichtern;" — aber ich
*) Die mir gütigst übersandten gedruckten Artikel der „Odessaer
Nachrichten" v. 23. Decbr. 1882 (4. Jan. 1883) und v. 9.(21. März 1883
sind mir richtig zugegangen, wofür ich hierdurch meinen verbindlichsten
Dank ausspreche. — Der Sekr. d. Eed.
**) Gewiss sind uns Beiträge, welche eine rationelle Denkweisse
und Forschung und nicht einen blossen blinden Glauben verfolgen, in
hohem Grade schätzbar. — Der Sekr, d. Eed.
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