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E. Jankowski: Gemeinsame anormale Sinnesbilder. 269
Die dritte Art der Erklärung würde man gelten lassen,
wenn unsere Materie in gewissen Fällen regelmässig dem
Gesetze der Gleichzeitortigkeit folgte. Es fehlt jede Analogie
in dem Bereiche unserer Materie; indessen absolut unmöglich
wäre die Gleichzeitortigkeit unserer Materie nicht,
da das Gesetz der Ungleichzeitortigkeit unserer Materie kein
mathematisches Gesetz ist.*) Doch eine solche Erklärung
wäre sicherlich die letzte.
Die vierte Art der Erklärung gilt mir als die annehmbarste
. Denn nicht nur die gewöhnlichen Träume, sondern
auch die einzelpersönlichen anormalen Sinnesbilder bieten
für dieselbe eine gewisse Analogie. Wie wunderbar mischen
sich oft Traum und Wirklichkeit, dass man beide nicht zu
scheiden wüsste, wenn ein Anderer einem nicht sagte, was
Traum und was Wirklichkeit gewesen! Wie wunderbar
mischen sich die normalen mit den einzelpersönlichen anormalen
Sinnesbildern! Wie harmonisch mischen sich die normalen
mit den anormalen Theiien eines Sinnesbildes! Die
Tastbilder liefern durchaus keine absolute Bestätigung, denn
auch sie können anormal sein; wir können durch alle Sinne
getäuscht werden, in gaijz harmonischer Weise getäuscht
werden. Die retroverse Wirkung von der Seele, vom Gehirn
aus auf die Sinnesorgane ist bei allen Sinnen möglich.
Wenn eine einzelne Person durch alle ihre Sinne in harmonischer
Weise getäuscht werden kann, warum nicht
mehrere Personen zu derselben Zeit, sodass sie alle in Bezug
auf einen Vorgang getäuscht werden! Durch diese Annahme
wbd ein bereits anerkanntes Gebiet lediglich erweitert
. Wenn gewisse Stoffe, von uns genossen, Sinnes-
gaukeleien in uns hervorrufen können, warum nicht auch
die psychische Kraft eines Mediums? Uder soll die Seele
beschränkter sein, als der Stoff? Allerdings ist sie im Leibe
beschränkt durch den Stoff. Auch in dieser Beziehung
wäre lediglich eine Erweiterung eines bereits anerkannten
Gebietes anzunehmen.
Die fünfte Art der Erklärung endlich wäre die einfachste
; sie würde uns aber die gesammte Aussenwelt, die
materielle Welt, zu einer Welt der Lüge machen; denn die
Aussenwelt bietet sich uns nicht als eine blosse Vorstellungswelt
, sondern als eine Welt der Wirklichkeit dar, wenn es
auch für uns leicht ist, uns zu überzeugen, dass wir es zunächst
stets nur mit unseren Sinnesbildern zu thun haben,
während sich uns die Sinnesbilder als Abbilder von Aussen-
*) Siehe meinen „Panprosopismus" (Köthen 1881, Paul Schettler,)
HS. 65.
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