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286 Psychische Studien. X. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1883.)
letztere macht Möbius interessante Bemerkungen über den
sog. „thierischen Magnetismus", oder, wie man jetzt gewöhnlich
sagt, „Hypnotismus" als Heilmittel: — 'Wir sehen
'in diesem eine Art seelischer Behandlung, denn es handelt
'sich hier wahrscheinlich um eine durch körperliche Reize
'unterstützte Wirkung auf das seelische Lehen, eine Veränderung
der Nerventhätigkeit, welche vorwiegend durch
'Anspannung der Aufmerksamkeit und Einbildungskraft eingeleitet
wird.' — Dr. Beard hat das Hypnotisiren vielfach
bei der Behandlung nervöser Zustände angewandt, hat
Schmerzen, Ueberempfindlichkeit u. a. dadurch beseitigt.
Und der deutsche Professor Bäumler ist der Meinung, es
werde auf diesem Wege möglich sein, in manchen Fällen
* Schmerzen zu lindern, Krampfzustände zu stillen, hypnotischen
Schlaf zu erzeugen, der dann in natürlichen Schlaf
übergehen kann. Aber die Fälle und Zustände, welche dafür
geeignet seien, müssten jedenfalls sorgfältig ausgewählt
werden, und es dürfe eine derartige Behandlung nur von
solchen geübt werden,*) welche mit den Erscheinungen des
gesunden und kranken Organismus vertraut sind, also nur
von Aerzten oder unter deren unmittelbarer Aufsicht und
Anweisung. Als eine Methode, um einzelne Krankheitserscheinungen
zu beseitigen, werde das Hypnotisiren sehr
wahrscheinlich in Zukunft wieder in Anwendung kommen;
nicht aber, wie zu Zeiten Mesmer's, als systematische Kur.
— Von Dr. Beard ist gegenwärtig in New-York ein Werk
über den Hypnotismus unter der Presse, welches höchst
interessante Aufklärungen über diesen noch so dunklen
Gegenstand verspricht. Namentlich wird darin die Nutzbarkeit
des Hypnotisirens in der Heilkunst eine weitere Beleuchtung
erfahren. — Nach einer Meldung New-Yorker
Blätter hat Dr. Beard kürzlich vor einer zahlreichen, von
vielen Aerzten besuchten Versammlung eine Vorlesung gehalten
, bei welcher er neben andern merkwürdigen Ereignissen
einem in magnetischen Zustand versenkten Mann
vier Zähne auszog. Hier hätten wir den Hypnotismus als
gefahrloses Ersatzmittel für das bei Zahnoperationen übliche
Chloroform oder Lachgas." —
Aehnliche Behauptungen, besonders in dem Kapitel:
*) Wie thöricht dieser alte Zopf ist, springt beim Studium von Dr.
Mhnestock's Artikeln über „Statuvolence" sofort in die Augen.
Durch sie und ihre richtigere Belehrung wird dieses allen Menschen
so überaus wesentliche Heilagens aller Willkür der Aerzte und Gelehrten
als privilegirter Stände entrückt und Jedermann zu eigenem
freien Gebrauch in die Hände gegeben. Missbrauch kann bekanntlich
mit Allem getrieben und sonach raüsste eigentlich Alles verboten werden.
W.
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