http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1883/0309
Ein gesteig. Empfindungs- u. Traumleben fahrt zu Statuvolenoe. 301
Freund R. B. erschien. — Ich sah wieder sein Gesicht, es
war ganz so, wie es im Leben war, und die rechte Hand,
das Andere war alles in Wolken gehüllt, und sah er mich
freundlich lächelnd an. Ich wollte zu ihm, rief voller Freude
laut seinen Namen, doch war ich nicht im Stande, mich von
der Stelle zu bewegen. Mein Vater wurde aufmerksam auf
mein Rufen, auf meine Stellung und auf meine Geberden,
sah dann scharf nach der geöffneten Thüre hin und bemerkte
, dass er nichts sehe, obgleich er erklärte, dass er
gesehen, wie die Thür sich geöffnet habe. Er sagte mir
später, dass ich wie verklärt, mit grossen Augen nach der
Thür gesehen und mit beiden Händen dort hingewiesen und
zugleich ausgerufen hätte: „Sieh doch, da steht er, da ist
R. ZU" Mein Vater stand auf, um durch die Thür hindurchzugehen
; doch sowie er der Thür sich näherte, verschwand
die Erscheinung. Mein Vater ging nach dem Flur, sah
aber dort nichts: er ging zurück, holte die Lampe und
ging wieder zurück, fand aber Alles verschlossen und bemerkte
nichts weiter. Ich muss noch hinzufügen, dass nach
genauer Untersuchung die Thür fest eingeklinkt war und
dieselbe nur durch Hebung der Klinke geöffnet werden
konnte. Mich überfiel gleich nach dem Vorfall eine grosse
Kälte und ein Zittern des Körpers, und es verging über
eine Stunde, ehe ich mich wieder erwärmen konnte. Ich
legte mich dann zur Ruhe nieder und träumte, dass ich
mit meinem Schutzgeist auf dem Kirchhofe wäre. Ich
stand mit ihm in seinem Erbbegräbniss, an seinem offenen
Grabe, und da sagte er mit lauter Stimme zu mir: „Hier
ist auch Dein Platz, hier kommst Du her l" Worauf ich erwachte
und vor Erregung*) nicht mehr schlafen konnte. —
Ob und welche Bedeutung dieser Traum hat, entzieht
sich meinem Ahnungsvermögen.
Zur JBeurtheilung, wie und in welchem Maasse der
Dahingeschiedene mein Seelenleben beein-
flusst und bewegt, mag folgender Vorfall dienen.
Ich erinnere mich, dass eines Tages, als der Verstorbene noch
auf Erden wandelte, derselbe zu mir sagte: „Wenn Du einen
klaren, sternenreichen Himmel siehst, dann denke stets an
*) Diese Erregung über solchen als Offenbarung in der Seele
auftauchenden Gedanken vermag durch beständige gläubige Hingebung
an seinen Inhalt schliesslich zur Erfüllung der Prophezeiung in der
Wirklichkeit zw führen. Ein echter Indianer stirbt, wenn er es fest
will! —
Der Sekr. d. Bedf
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1883/0309