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F. M.: Zwei Bettler hinter dem Vorhang*
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Vortrag mitzutlieilen. Indess, wenn man hört, dass der
Prediger seine Zuhörer zur Illustration des Spiritismus hinweist
auf jene ganz und gar nicht maassgebende Schrift
von Lohse, so kann man ihm wohl gerade von seinem Standpunkte
aus solche (ob mit Absicht?) misslich gewählte Beispiele
nicht zum Vorwurf machen; aber man muss bedauern,
dass überhaupt ein solches Kraut auf spiritistischem Felde
wuchert *) Wer sich eines Näheren über jene Schrift, welche
den Titel führt: „Jesus Christus und seine Offenbarungen
über Zeitliches und Ewiges oder das neue Christenthum,"
orientieren will, den dürfte ich auf das .Februarlieft 1878
der „Psychischen Studien" hinweisen. Als ich mir des vorliegenden
Eefcrats wegen vor kurzem das genannte Schriftchen
bei der Buchhandlung bestellte, erhielt ich nach einigen
Wochen die Antwort: „Das von Ihnen bestellte Buch: 'Lohse,
Christenthum etc.' ist vergriffen und leider nicht mehr aufzutreiben
." — Gottlob! Aber es steht „leider" nicht einzig
in seiner Art da. Es liegt nun auf der Hand, wie sehr
derartige spiritistische Phantastereien dem Vordringen und
Fortschreiten des Spiritismus schaden und hinderlich sind
der Forschung nach damit eng zusammenhängenden, uns
noch unbekannten psychischen Vorgängen, welche aber vielfach
in gleicher Weise geläugnet werden wie die spiritistischen
Phänomene. Freilich können solche Auswüchse der modernen
„Lehre vom Geist" nicht gänzlich — auch in Zukunft nicht
— ausgerottet werden, denn es giebt und wird geben an
jedem Wissenszweig neben den wahren und echten auch
Pseudo-Schösslinge. Um so mehr muss daher an alle, die
sich mit dem Spiritismus beschäftigen oder noch beschäftigen
werden, dringend die Bitte zur grössten Vorsicht und zur
strengsten Prüfung gerichtet werden, die Bitte, solchen „ungenauen
beobachteten Thatsachen" nicht so leichthin Glauben
zu schenken. Vielmehr ist es die Pflicht eines Jeden, —
sei es nun, dass er schon überzeugter Spiritist ist, oder
noch nicht weiss, welche Stellung er den seltsamen Phänomenen
gegenüber eiunehmen soll, — Keplers Worten beizustimmen
: —
„Sine experimentis propriis nihil statuo".
(Ohne eigene Experimente statuiere ich nichts.) Fügen
wir diesem Ausspruch den nicht minder beherzigenswerthen
altrömischen bei:
*) Wir verweis »n hierbei auf die ganz in dieselbe fragwürdige
Kategorie gehörenden Schriften im 2. Artikel vorliegenden Heftos
S. 352, welche das evangelisch-lutherische Landes - Consistorium in
Sachsen so eben erst zu einer abwehrenden Verordnung an seine ihm
unterstellte Geistlichkeit bewogen haben. — Die Red,
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