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Maack: Ueber den Werth der Graphologie für den Spiritismus. 469
Aber in der Aufdeckung und Bestimmung der Charaktereigenschaften
liegt aucli gar nicht der
eigentliche Werth der Graphologie für den
Spiritismus.*) Vielmehr besteht dieser in dem Beitrag
zur Erkenntniss der mediumistischen Erscheinungen
überhaupt, will heissen: in einem Kriterium, aus welchem
wir erkennen können, ob die betreffenden vorliegenden graphischen
Manifestationen entstanden sind durch ein ursprünglich
ausserhalb des Mediums befindliches Etwas
(also durch Geister), oder durch ein ursprünglich innerhalb
des Mediums befindliches Etwas, (ich sehe nicht ein,
wesshalb wir dieses uns bis jetzt noch völlig unverständliche
Etwas nicht „psychische Kraft" nennen sollen,)
oder endlich durch den bewusst und ganz willkürlich
wirkenden Willen des Mediums selbst (also durch Betrug),
Aber auch hier können wir unsere Untersuchungen nur auf
Grund einer comparativen (vergleichenden) Graphologie
anstellen, welche bei der folgenden Forschungsmethode
am Platze und nicht lächerlich ist! Bekannt
muss uns nämlich sein: 1) die reale Handschrift des Mediums
(A); 2) die reale Handschrift des Verstorbenen, d, h. des
sich manifestirenden Geistes (B); 3) die transcendentale
Handschrift desselben (0). Aus Vergleichung von A, B
und C können wir dann verschiedene Schlüsse ziehen, nicht
auf den Charakter der sich offenbarenden Geister, sondern
auf das Q u o d und Quäle (Wesen und Beschaffenheit)
der Ei scheinungen. Da es nun aber nicht immer möglich
ist, sich A und B zu verschaffen, so ist der Werth der
Graphologie für die Untersuchung der betreffenden Erscheinungen
beschränkt. Denn mit Erfolg kann die
Graphologie als Untersuchungsmodus nur dann angewendet
gegenüber seinem irdischen bedeutend verändern. Für diese Veränderung
würde die transcendentale Handschrift nach der graphologischen
Theorie ein sicherer Schlüssel sein. Behufs genauer Feststellung
seiner geistigen Identität aber müsste man die reale und
die transcendentale Handschrift eines erst kürzlich Verstorbenen aus
dessen letzter Lebenszeit auf Erden und dessen erster Lebenszeit im
Geisterlande wählen, um weiteren Ausflüchten zu .begegnen. Aber
weder Medium, noch Cirkelsitzer müssten beide Handschriften vor
Kundgebung dieser transcendentalen neuen Handschrift je gesehen
haben, z. B. die eines verstorbenen Staatsmannes, wie Gambetta, dessen
reale Handschrift sich erst hinterdrein beschaffen Messe. — Auch
müssten die transcendentalen Handschriften eines solchen Geistes in
verschiedenen Cirkeln, die von einander vorher nichts wussten, mit
einander wesentlich übereinstimmend sein. — Die Bed.
*) Der Satz von der bestehenden Beziehung zwischen dem Charakter
des Geistes und seiner transcendentalen Handschrift dient
nur als unbedingt nothwendiger Hülfssatz. —
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