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Kurze Notizen.
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„Dass jener Unglückliche todt sei, dass er selbst seine
„Gutmütigkeit mit ewiger Gefangenschaft in den Kerkern
„der Inquisition hatte büssen sollen un4 dass er gut thut
„zu schweigen, wo kein Regress möglich ist, das alles
„machte er sich klar und fügte sich in das Unvermeidliche.
„Aber dass sein Freund ihn gerettet hatte, dass derselbe
„so plötzlich verschwunden, diese Fragen durchkreuzten
„seinen Kopf. Er schrieb nach England an denselben, er-
„hielt den Brief aber mit dem Vermerk zurück: 'Am 16.
„Juni 1806 an Bord des Nelson verstorben/ — Der Marquis
hinterliess in seinen Papieren diese Mittheilungen, sie
„an Eidesstatt betheuernd. Er trat unter dem Vatersnamen
seiner Mutter als Marquis Horace Melville in die
„Armee des siegreichen Kaisers, kehrte aus allen Kämpfen
„glücklich zurück und starb hochbetagt auf seinem Stamm-
„schloss in Frankreich." — Siapienti sat est. — Doch für
die in derartige schriftstellerische Leistungen weniger Eingeweihten
und Blindgläubigen dürfte es nöthig sein, zu
erinnern, warum unter dem nach dieser Geisterentführungsgeschichte
doch siegreichen Kaiser Napoleon I. kein Regress
an Rom möglich gewesen sein sollte? Der Fall müsste doch
grossartiges Aufsehen gemacht und den Kaiser energisch
beschäftigt haben. Nach dem Vorausgeschickten muss man
doch wohl annehmen, dass der angebliche Geist Taylors dem
Freunde in seiner Todesnacht erschienen sei. Das Datum
allein Herrath das Machwerk. Napoleon stand zur Zeit auf
der Höhe seiner Macht. Die an Eidesstatt betheuerte Wahrheit
dieser Erzählung ist noch keine historische Urkunde.
Der Finder hätte diese Urkunde selbst sprechen lassen
müssen. Viele Geistergeschichten sind in ganz ähnlicher
Weise verificirt: sie berufen sich auf nicht mehr herbeizuschaffende
Zeugnisse.
b) Herr Konrad Hermann sagt in seiner Besprechung
von — „Metaphysik in Wissenschaft, Ethik
und Religion. Eine philosophische Untersuchung" von
Paul Carus. (Dresden, von Grumbkom, 1881) gr. 8. 1 Mk.
50 Pf. — in „Blätter f. liter. Unterh." Nr. 13 v. 19. März
er. sehr richtig, dass „trotz aller Zerstörung des Trugbildes
einer Metaphysik doch in den Bestrebungen des menschlichen
Geistes mehr oder weniger etwas Metaphysisches (Uebersinn-
liches), d. h. ein Versuch der Erkenntniss und Stellungnahme
zum letzten Uebersinnlichen, enthalten liege. Wir werden
dieses Element im wirklichen Leben nie wahrhaft los, und
es hängt eben hierdurch auch die Philosophie, die sich an
sich direct auf das Uebersinnliche richtet, mit allem übrigen
Menschlichen zusammen— Dasselbe behaupten wir im
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