http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1883/0494
486 Psychische Studien. X. Jahrg. 10. Heft. (Oetober 1883.)
„häufig eine ebenso empfindliche, wie unberufene Kränkung
„enthalten, in das Gebiet der Beleidigung fallen sie nicht,
„da sie die allgemeine Anerkennung des Anspruches des
„Betroflenen auf allgemein menschliche und bürgerliche
„Geltung zu gefährden nicht geeignet sind. {Köstlin 'Ab-
„handl. aus dem Strafrechte' S. 15. 50. vgl# 'UrtheiF des
„vormaligen H. Obergerichts in der 'Zeitschrift für Rechtspflege
' Bd. 20. S. 1 ff.). Freilich ist das G-ebiet jenes
„Deliktes namentlich früher oft übermässig in Theorie und
„Praxis ausgedehnt und jede Aeusserung von Geringschätzung
„eines Anderen, wie sie in einem Lächerlichmachen oft wird
„gefunden werden müssen, als geeignet, seine Ehre zu
„schmälern, aufgefasst; neuerlich scheint jedoch die überlegende
Praxis die Notwendigkeit der angeführten Beschränkung
anzuerkennen. Dass ein an sich nicht ehren-
„kränkender Vorwurf auch dadurch, dass er in die Oeff ent-
„lichkeit tritt, nicht diesen Character annehmen kann,
„bedarf nicht der Ausführung." — Uns scheint, als ob das
„Reichsgericht" hierüber wieder anderer Ansicht sein dürfte,
da es doch unseres unmaassgeblichen Erachtens wohl nicht
auf die blosse Praxis der Gerichte, wie viel oder wie wenig
Fälle sie als Beleidigungen auffassen wollen, sondern auf
einen ganz festen Thatbestand einer bestimmten Beleidigungsweise
ankommen möchte zur Beurtheilung dessen, was
Rechtens ist.
e) Wir erhalten folgendes Schreiben aus E. bei EL vom
27. August er.: — „Geehrte Redaction! In dem letzten
August-Hefte der 'Psych. Skid/, welches ich gestern erst
nach längerer Reise in die Hände bekam, lese ich eine
Kritik über eine von mir an die Redaction des „Neuen
Blattes" gesandte kleine Arbeit: 'Der Schlossgeist von Gair-
loch*. Ich habe nicht gedacht, dass diese meine kleine
Arbeit weitere Beachtung finden könnte, erlaube mir jedoch
nach Lesen Ihrer Bemerkungen dazu Ihnen diese Zeilen
zu senden. Die angegebenen Thatsachen sind wirklich
passirt und zwar von mir selbst erlebt; Namen, Lokalitäten,
Zeit, Jahr etc. sind natürlich gänzlich verändert. Ich
wagte lange nicht, diese Geschichte mitzutheilen, theils weil
man mich ausgelacht hätte, theils weil die Angehörigen des
wahnsinnigen Mädchens noch leben.*) . . . Uebrigens ist in
der Arbeit Seitens des Redacteurs wiederum vieles gestrichen
und verändert worden, so dass mehrfach unver-
*) Wir sind in der That gespannt, Ihr volles Manuscript einzusehen
, und gern bereit, Ihre in freundliche Aussicht gestellten Erklärungen
dazu entgegenzunehmen und für künftige Zwecke der Beweisführung
sorgfältig aufzubewahren. — Die Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1883/0494