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Cox: Die Theorie und die Thatsachen der psychischen Krait. 497
seiner Thätigkeit wahrgenommen. Der natürliche, wie der
künstliche Somnambulismus ist der merkwürdigste Fall
dieser zeitweisen Trennung zwischen der Seele und dem
Gehirn; denn man sieht auf diese Weise das Sinnenbe-
wusstsein ohne individuelles Selbstbewusstsein handeln, und
es giebt Thatsachen, welche den Gedanken nahe zu legen
scheinen, dass die Seele in diesem Zustande der Trennung
vom Sinnenbewusstsein selbsteigene Kräfte der Wahrnehmung
besitze und für diese Zeit unabhängig sei von der
Maschinerie des Gehirns und der Nerven, durch welche
allein in ihrem normalen Zustande Eindrücke von äusseren
Dingen ihr zufliessen können. *) Trance ist ein anderer be-
*) Diese Behauptung ist in hohem Grade anfechtbar. Auch im
anormalen Zustande sind Gehirn und Nerven nur durch die Seele thätig.
Gegenüber obiger Auffassung, welche, wenn sie exakt bewiesen wäre,
doch nicht blos die Seele, sondern auch die Geisterwelt als von
unseren Gehirnfunktionen, sowie auch von denen aller Medien, ganz
unabhängig wirksam erweisen würde, erlaubt sich unterzeichneter
auf seine gegenteilige Ansicht in der V. Fortsetzung
seines Versuchs zur wissenschaftlichen Erklärung mediumistisoher Erscheinungen
in dem ArtiKel: „Ein zweites sächsisches Test-Medium"
(S. „Psych* Studien" Mai-Heft 1883, S. 222 ff.) hinzuweisen, nach
welcher Ansicht der Psyche der somnambulen Medien, welche ja noch
am leiblichen Leben sind, zwar die nervösen Aussenpole der Sinne,
aber nicht die nervösen Innenpole derselben verschlossen zu sein
scheinen. Wenn diese letztere Möglichkeit durchaus nicht ausgeschlossen
ist, so ergiebt sich auch hieraus, was der Verfasser durch
obige Annahme erweisen zu können glaubt, dass die Psyche des
Mediums im Trance-Zustande ihre Helibesinnung und ihr Hellwissen
durchaus noch nicht aus einer höheren Geisterwelt zu schöpfen
braucht. Die offenbar hilflose Abhängigkeit, der angeblichen Geisterwelt
, wie sie sich bei fast allen mediumistisohen Manifestationen rathlos
nin- und hertastend kundgiebt, verräth wenig von ihrer inneren
Selbstständigkeit und wahren Geistigkeit. Eine in sich selbstbewusste
und selbstständige Geisterwelt müsste unseres Erachtens ganz anders
und in vollkommen übereinstimmender Weise auf unsere Medien einwirken
. Sollte dieselbe wirklich nur allein von so verschieden gearteten
und unfertigen Somnambulen bezüglich ihrer Kundgebungen
abhängig sein? Ich glaube das unter keinen Umständen* Ich ziehe
aus der sorgfältigen Beobachtung der Medien einen ganz anderen
Sehluss. Ich vermuthe, dass die angebliche Geisterwelt der Medien
nur deren eigene subjektive psychische Vorstellung, keineswegs aber
die objektive, reale Geisteiwelt selbst ist. Diese ist für unsere sinnliche
Wahrnehmung und Vorstellung völlig transoendent, da sie ja im
Tode ihre ganze sinnlich wahrnehmbare und wahrnehmende LeiDÜch-
keit abgelegt hat. Da sie aber doch existirt und wirksam ist, so
kann ihre auf uns mögliche Einwirkung, die ich nicht leugne,
lediglich durch die höchsten unsinnlichen Fähigkeiten unseres Geistes
wahrgenommen werden, aber niemals durch die Sinne. Die sogenannten
sinnlichen Manifestationen befremdlicher Art wurzeln in
physischen wie seelischen Störungen unseres Gleichgewichts und sind
krankhafter und nicht normaler Natur. Sie sind daher noch sinnenfällig
für uns und in Betreff ihrer Erklärbarkeit transcendentaJ, d. h. mit
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