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520 Psychische Studien. X. Jahrg. 11. Heft. (November 1883.)
gewissen Grade, oder die bildende Phantasie that ihr Werk;
endlich aber könnte auch die Emanation in einer, der früheren
Gestalt verwandten Form erfolgt sein. — Genügend beweiskräftig
sind aber diese Erfahrungen bezüglich des Emanirens
der Stoffe und der feinen Empfindunger, welche manchen
Menschen, die scheinbar gesund sind, zukommen. Auch der
Instinkt der Thiere möchte auf deren vielfach feinerem Fühlen
beruhen.
Die Psyche als ein Empfindende!* steht wohl mit
der ganzen Natur, ohne an die uns bekannten Raumgrenzen
gebunden zu sein, in Berührung, nach den Gesetzen der
Sympathie etc.; sie wirkt und empfängt Wirkungen, welche
nicht immer in das Sinnenbewusstsein des Leib- oder Gehirnlebens
eindringen. Diese Ansicht ist sehr alt.
Das T r ä u m e n ist jedem bekannt. Wie aber kommen
diese oft so seltsamen Bilder zu Stande, wenn nicht durch
eine anscheinend regellose Bewegung, wie die Wolkengestalten
?
Die Träume haben meistens ihren Entstehungsgrund in
den Zuständen des eigenen Körpers, insoweit in einer Welt,
in welcher alle Dinge ineinander wirken, ein Körper ohne
Aussenwirkung sein kann; aber die letztere bietet nicht nur
die Möglichkeit von Einwirkungeu sogenannter materieller
Art, sondern auch von Intelligenzen, und wenn es ausser-
menschliche giebt, auch von solchen, nach dem Gesetz der
Sympathie.
Das ganze Alterthum glaubte an Einflüsse höherer
Intelligenzen im Traum, gleichwie wir durch Rede beeinflusst
werden von Anderen» Die Bibel erzählt im Alten und
Neuen Testamente viele Beispiele. Doch scheint auch im
Menschen selbst ein vorschauendes Vermögen
sich zu reflektiren, welches dem Träumenden als Schutzgeist
und Gottesgesandter selbst in der Gestalt eines Schneidergehilfen
erscheinen kann u. s. w.*}
Die Sache ist nicht so leicht, nicht über jeden Zweifel
erhaben, nicht unangreifbar für eine höchst nöthige Kritik,
nicht sicher zu erweisen; als unmöglich aber darf sie
unter Umständen nicht erklärt werden; wissen ja wir selbst
nur, dass wir denken, können aber nicht immer denken, was
und wie wir wollen, trotz aller Freiheit; wir sind eben nicht
ganz und unbedingt frei, wenigstens Viele, und oft, wenn
nicht Alle! — Treten wir daher der Quelle der Kraft oder
*) Man vergleiche hierzu: »Der angebliche Geist eines zermalmten
Schneideis und die Psychische Kiafttheoriett im Februar-Heft 1883 der
„Psychischen Studien" S. 10U ff. - Die Red.
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