Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
11. Jahrgang.1884
Seite: 19
(PDF, 166 MB)
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I

Maack: Ideen über den historischen Beweis etc. 19

Wahrheit ist, ein Schluss, welcher vielleicht deutlicher in
die Augen fällt, wenn wir obigen irrealen Fall auf ein
geometrisches Beispiel anwenden. Wir kommen damit zum
zweiten, aber von ersterem — den Begriffen — nicht zu
trennenden Element unserer Erkenntniss, der Anschauung
, hier speziell der Raumanschauung. Man führe die
Messung aus, so oft man will, immer wird man finden, dass
in jedem aus kürzesten Linien bestehendem Dreiecke die
Summe der drei Innenwinkel gleich zwei rechten Winkeln
ist. Dieser — nur sprachlich anders ausgedrückte — Satz
vom Parallelismus ist ebenfalls eine historische Wahrheit;
aber wie heftig die D i s c u s s i o n über diese Wahrheit
gewesen ist und noch ist, erhellt daraus, dass man der „gewöhnlichen
" (Euklidischen) Geometrie, in welcher dieser
Satz als wahr gilt, eine „absolute" (Bolya?sehe) Geometrie
gegenübergestellt hat, welche diesen £ehrsatz nicht aeeeptirt.
Letztere anerkennt den Satz als eine empirische Wahrheit,
als eine Erkenntniss innerhalb der Erfahrung, bestreitet
aber seine Notwendigkeit. Es ist hier nicht der Ort, darauf
näher einzugehen; ich wollte an diesen Beispielen, sowie
schliesslich auch noch aus dem folgenden zeigen, dass
eine historische Wahrheit sehr wohl discutirt und demon-
strirt werden kann. Man kann ferner endlich alle Sprichwörter
, z. B. „Ehrlich währt am längsten", „Noth bricht
Eisen", „Undank ist der Welt Lohn", etc. etc., betrachten
als von historischen Thatsachen (wie sie von dieser Art
Jedem zugestossen sind) abstrahirte historische Wahrheiten.
Hierher gehören auch die meisten der gesprächsweise mit
„pflegen" eingeleiteten Redewendungen. Hiermit äussern
wir unbewusst historische Wahrheiten, denen aber schon
das absolut Wahre genommen ist durch den Begriff des
„pflegen", womit wir implicite zugeben, dass das, was öfterer
geschah, unter gleichbleibenden Verhältnissen nicht
immer nothwendig wieder geschehen muss. Es ist eben
„keine Regel ohne Ausnahme". Ja, auf solchen durch die
Selbsterfahrung gewonnenen „historischen Wahrheiten" beruht
unsere ganze Menschenkenntniss, und wie ort, wie oft
täuscht man sich in seinem Urtheil über die Mitmenschen:
der beste Beweis, dass „historische Wahrheiten44 fortwährend
corrigirt und modificirt werden müssen, von einer
absoluten Oonstanz einer solchen deshalb gar keine Rede
sein kann,*) Aus derartigen Beispielen geht eines weiteren

*) Bei Erörterungen über historische Beweise und Wahrheiten
liegt es sehr nahe, auf Lessing, den Vater der Beligionsphilosophie,
nähe? einzugehen. Ich glaube deshalb anmerken au müssen, weshalb
das hier nicht geschieht, Namentlich in Bezug aut die biblischen Wunder-

2*


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