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Wittig: Kritik einer Kaplans-Kritik über Zöllner. 31
„unangetastet lassen, und sollst Zeugniss geben der Wahrheit
, niclit aber der Lüge, noch, der der Lüge zum Deckmantel
dienenden Phrase." — Und hat das Zöllner nicht
ohne Rücksicht auf noch so hochstehende und gefeierte
Götzen der Wissenschaft gethan? Sind das blos kleinliche
Persönlichkeiten, wo es sich um solche Vertreter und Verfälscher
grosser universaler Prinzipien handelt? Wie stimmt
denn nun der letztere Grundsatz, von dem Herr Fischer
sagt: „Dies ist unser 'Compendium der literarischen Ethik'"
zu seinem kurz vorher angerathenen Vertuschelungs-System?
Wir kommen nunmehr zur Hauptsache, zu Kaplan
Fischers „kurzem Wort über Zöllners wissenschaftlichen
Standpunkt." Er nennt Zöllners Idee einer „von Deutschland
ausgehenden, die ganze Welt umfassenden, alle Wissensgebiete
durchdringenden Universal-Wissenschaft" eine phantastische
Träumerei, trotzdem Zöllner in seinem Buche „das
Fundament" gelegt oder doch einige werthvolle „Bausteine"
herbeigeschafft zu haben glaubt, denen doch selbst der
Kritiker nicht seinen Beifall „im Allgemeinen" hat vorenthalten
können. ..Doch wäre es", — fährt Fischer fort, —
„meines Erachtens ein Leichtes, nachzuweisen, dass Zöllner
„hierbei mindestens ein halb Dutzend 'unwissenschaftliche
„Behauptungen' oder auch 'fundamentale Irrthümer' sich
„hat zu Schulden kommen lassen. Und der Umstand, dass
„seine Gegner diese schöne Gelegenheit, Zöllner mit seinen
„eigenen Waffen zu schlagen, nicht benutzt haben, beweist
„wohl mehr, als Zöllners Beweisführung, die Richtigkeit
„seine** Behauptung, dass es 'der Mehrzahl unter den heutigen
„Vertretern der Naturwissenschaften an logischer und philosophischer
Bildung mangele'." — Wir waren einfach erstaunt
über diese Stelle, als sie uns zuerst zu Gesicht kam.
Einen Zöllner zu meistern vermochten also bis jetzt alle
seine Gegner nicht, aber der eine kleine unscheinbare und
unbekannte Kaplan von Tölz will es fertig bringen?! Man
freut sich stets über ein solches geistiges Kraftbewusstsein,
wenn es sich so bescheiden und unverfänglich ausspricht.
Wir waren nur nach den vorhergehend aufgewiesenen Selbst-
Widersprüchen des Kritikers etwas in Zweifel, ob ihm das
Niederringen Zöllners im ehrlichen Geister-Zweikampf wirklich
gelingen werde. Doch lassen wir ihn seinen Kampf
mit seinen eigenen Worten beginnen: —
(Fortsetzung folgt.)
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