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Wittig: Zwei mohammedanische Wunderthäter.
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alt. Seine Jünger trugen seine Reste nach El Ebbad und
begruben ihn in der Nähe des ßibat, an einem Orte, wo
schon mehrere Ualis ruhten. Mohamed-en~N asser, der Nachfolger
El-Mansur's, liess dem Andenken Bu-Medin's ein prächtiges
Mausoleum (Kubba) errichten. Es ist dasselbe, welches
heutzutage noch vorhanden ist und welches im Laufe
der Zeit Yar-Moracen-Ben-Zian und der Meriniden-Sultan
Abul-ffassan-Ali aufs prachtvollste hatten ausschmücken lassen.
Sidi-Bu-Medin gilt noch heute den Arabern als der Uali,
Erwählte, als der Rhaut, die Zuflucht der Bedrängten.
Aehnliche Wunderthaten erzählt man noch von
heutigen muhammedanischen Mönchen, so auch ganz besonders
vom Mahdi in Ober-Egypten, welcher gegenwärtig die Fahne
des Propheten wider den Vicekönig Tewfik erhoben und
dessen Truppen zweimal blutig besiegt hat. In Folge dieser
Siege hat die ägyptische Regierung die Scheichs und Ulemas
(Gottesgelehrten) der Moschee El Azhar in Kairo aufgefordert
, ein Gr u t a c h t c u über die Proklamation des Mahdi
des Sudans abzugeben. Diese Proklamation des Mahdi,
(d. h. der von Gott auf den rechten Weg Geführte,) eines
Zimmermanns Sohn, mit seinem eigentlichen Namen Moha-
med Achmed aus Chartum, der sich in Koranstudien vertiefte
und eine Anzahl Schüler auf der Insel Aha, südlich von
Chartum im weissen Nil, um sich versammelte,*) lautete im
Sommer 1881 an die Araberstämme in ihrem Haupttlieile
folgendermaassen: — „Wisset, dass Gott mich gewählt hat
„zur grossen Nachfolge und dass der Prophet, der Herr d<»s
„Leben:., den Gott segnen möge, verkündet hat, dass ich
„der erwartete Mahdi bin, und mich gesetzt hat auf seinen
„Stuhl über die Fürsten und Edlen. Und Gott ist in eig-
„ner Person mit mir, er hat mir die Zeichen seiner Sen-
„dung gesetzt, und diese sind die Warzen auf der rechten
„Backe." — Es fehlen aber noch andere wesentliche Zeichen,
wie z. B. das Untergehen der Sonne im Osten, (es müsste
*) Nach den neuesten Nachrichten über ihn war er als Schifferlehrling
zu Hoghali bei Chdrtuui iu eine Medresse (Theologenschule)
beim Grabmai des heiligen Scheich Hoghali eingetreten, um Derwisch
zu werden, setzte seine Studien dann noch in einer anderen Schule
fort und wurde 1870 von dem Fakir Nur-el-Oains, dem „beständigen
Lieht" des Glaubens, zum Scheich gemacht. Der junge Priester liess
sich nun auf der Insel Abba im weissen Nil nieder, grub sich mit den
eigenen Nägeln eine Höhle, in der er lebte, fastete, betete und seinen
Auah um Erleuchtung anflehte. Der Ruf seiner Heiligkeit drang bald
in die Nachbarschaft. Es bildete sich um ihn eine Gemeinde. Sein
Vermögen wuchs, die Zahl von Schülern und — Frauen nahm fortwährend
zu u. s. w. — Offenbar kennt und übt er die Trance-Zustände
der indischen Fakirs, von denen wir unseren Lesern bereits Im Jahrgange
1875 ein khues Bild «ach Jacolliot voi geführt haben.
Psychische Studien. Februar 1884. ß
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