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Wittig: Die Entlarvung des Spiritisten-Mediums Bastito & Wien. 103
Es trat nun eine Pause ein, wahrend welcher die Vorbereitungen
für die Geister-Erscheinungen getroffen wurden.
Mr. Bastian stand etwas abseits und wurde von Niemandem
aus der Gesellschaft ins Gespräch gezogen. Es wurde die
Thür eines anstossenden, vollkommen finsteren Cabinets geöffnet
; vor dem Rahmen derselben hing eine orientalische
Portidre und in deren Ausschnitt ein schwarzer zweitheiliger
Vorhang. Vier Schritt vor dieser Thür wurden im Zimmer
die Eauteuils für die Zuschauer aufgestellt, während Baron
Heilenbach sich ans Piano setzte, um die Erscheinungen mit
Musik zu begleiten. Der Zuschauerraum selbst war nicht
beleuchtet, und nur hinter dem Rücken der Gesellschaft
fiel durch die geöffnete Thür eines nebenan befindlichen
Salons der Schein der daselbst brennenden Kerzen herein.
Mr. Bastian stellte sich vor den Vorhang des Cabinets und
forderte in gebrochenem Deutsch durch eine Ansprache an
die Gesellschaft auf, man möge sich überzeugen, dass er
nichts verberge. Der Kronprinz fiel ihm ins Wort und
sagte: „Es ist schon gut, wir sehen, dass Sie nichts bei sich
haben", worauf das Medium durch den Vorhang in das
dunkle Nebencabinet verschwand, das bis auf einen bereitgestellten
Fauteuil ganz leer war.
Baron Hellenbach begann auf dem Piano im Zuschauerräume
in leisen Accorden zu präludiren, während die Blicke
der Zuschauer mit gespannter Erwartung auf den Thürvorhang
des Cabinets gerichtet waren. Lange war in dem
herrschenden Halbdunkel nichts wahrzunehmen. Da öffnet
sich plötzlich der Spalt des schwarzen Vorhanges, und in
demselben wird ein Gesicht und eine Gestalt bis zur halben
B rust sichtbar. Aller Augen suchen die Züge und Formen
des Gesichtes festzuhalten. Aber das ist zu schwer. Es
ist eine so verschwommene, wirklich geisterhaft erscheinende
Physiognomie, dass, sobald sie nach einer Viertelminute
verschwunden ist, Niemand weiss, was er eigentlich gesehen
hat. Aber kein Wort wird laut, keiner der Zuschauer bewegt
sich, und während Baron Hellenbach sein melodramatisches
Accompagnement fortsetzt, harrt Alles der Portsetzung
des Geisterspukes. Dieselbe lässt nicht lange auf
sich warten. Der schwarze Vorhang öffnet sich wieder, und
zwar etwas tiefer, so dass der ganze Oberkörper der Erscheinung
sichtbar wird. Es erscheint eine nebelartige Gestalt
von schwankenden Umrissen, die sich hinter dem Vorhang
innerhalb des Rahmens der Thür erhält und bald ins
Dunkel zurücktritt. Wieder tiefe Stille; man vernimmt
keine Regung, nicht den leisesten Athemzug. Der entscheidende
Moment naht. Soll das Medium entlarvt wer-
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