http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1884/0158
150 Psychische Studien. XI. Jahrg. 3. Heft. (März 1884.)
eine transcendente Geisterwirkung dokumentirt, weil ja das
Ereigniss vom Betreffenden selbst vorher gesehen wird,
und nur bei gleichzeitigem Eintreten des Schauens und des
Todes oder Unglücksfalles den täuschenden Schein einer
Geisteroffenbarung erwecken kann. Die mitgetheilten Fälle
sind eben meist Vorempfindungen oder Traumvisionen. —
Eine einzige (scheinbar) wache Yision wird am Schlüsse
des Artikels berichtet, woselbst ein böhmisches Ehepaar
spät in der Nacht über den Neumarkt in Dresden am Abende
vor ihrer "Rückreise geht, „als die Frau plötzlich vor der
„Frauenkirche stillstand und ihren Gemahl auf eine merkwürdige
Erscheinung aufmerksam machte. Sie sah nämlich
vom Zeughaus her einen langen Leichenzug kommen,
„der sich nach der Frauenkirche hin bewegte. Unter dem
„Trauergefolge bemerkte die Frau die Verwandten und
„Bekannten ihres Vaters. Der Ehegatte glaubte, da er
„von alledem nichts sah, seine Frau sei krank geworden,
„und brachte dieselbe sobald als möglich nach dem Absteigequartier
. Am andern Morgen fuhren Beide ihrer
Heimath zu". , . . Daselbst war der Vater der Frau in der
Nacht zur selben Stunde, da diese mit dem Gatten vor der
Frauenkirche gestanden, gestorben* — Brauchen wir an
unsere vielen Artikel über Vorwiler, Leichenseher, Spöken-
kieker u. s, w. zu erinnern? (Vgl. „Psych. Stud." 1881, S. 237;
1879 S. 186. 323 ff; 1878 S. 123; 1876 & 331 ff. u. a.) Vor
Allem ist hier C. E. Noessler's Artikel: „Wer Ohren hat zu
hören, der höre!" im März- und April-Hefte 1882 der
„Psych. Stud." in seinem Berichte über das sog. „Horchengehen
" im sächsischen Voigtlande (S. S. In2 ff.) mit in Betracht
zu ziehen. — Fräulein F. erzählt, als sie noch Kind
gewesen, habe es 3 Tage vorher, ehe ihr Vater verschieden,
in kurzen Pausen dreimal an der Flurglocke geschellt und
zwar zu einer Stunde, wo die Hausthür und das Hofthor
bereits geschlossen gewesen. Auch sei Niemand bemerkt
worden, was Mutter und Tochter, beide noch lebend, heute
noch räthselhaft finden. Hier ist ein Fall von collectiven
oder mehrpersönlichen anormalen Sinnesbildern, welche Herr
Dr. Jankowski im Januar-Hefte J884 S. 23 näher bezeugt
wünscht. Ueber Glockenschellen s.0wm,Das streitigeLand 46 ff.
g) (Spiritistischer Schwindel.) Ueber das Treiben
der „Spiritisten" in dem sogenannten „Braunauer Ländchen
" im nordöstlichen Böhmen wird der „Bohemia" berichtet
: Es dürfte im politischen Bezirke Braunau bald keine
deutsche Gemeinde mehr geben, in der nicht ein oder mehrere
spiritistische Cirkel (das Volk verwechselt manchmal
den Namen mit dem ihm geläufigeren „Circus") existirten.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1884/0158