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154 Psychische Studien. XI. Jahrg. 4. Heft. (April lb84.)
Gestalten thatsächlich belebt sind von dem Geiste Desjenigen
, den sie darstellen, u. s. w." Die psychische Theorie,
welche Herr Wütig in letzter Zeit mit so viel Wärme ver-
theidigt, scheint ja auch Fortschritte gemacht zu haben, da
wir in derselben Nr. der „Spiritual. Blätter" lesen: — „Allerdings
würde die Psyche eines Menschen, wenn sie ein bedeutendes
Concentrationsvermögen besitzt, ohne Geisterhülfe
Bewegung von Gegenständen, ja sogar Materialisationen bewirken
können. . . Am häufigsten aussei t sich dieselbe noch
bei dem Tischkippen, welches oft lange Zeit hindurch von
Leuten betrieben wird, ohne dass der geringste Geisterein-
fluss dabei thätig wäre, während alle Antworten, die dort
kommen, den Gedanken der Oirkeltheilnehmer in einer ihnen
selbst nicht zum Bewusstsein kommenden Weise entspringen."
Alles das ist am Ende nichts Neues, da ja schon vor
30 Jahren Davis uns gesagt hat, dass allein 40°/0 der medi-
umistischen Phänomene spirituellen Ursachen wahrhaft zugeschrieben
werden könnten, und der Best, d. h. 60°/0 dieser
Phänomene, wäre von rein weltlichem Ursprünge — das Resultat
unserer unbewussten psychischen Thätigkeit (Davis,
„Present Age" [Das gegenwärtige Zeitalter] p, 197,161,134)
Aber wie jede aussergewöhnliche intellectuelle Bewegung na-
turgemäss zu Extremen führt, zu hinreissenden Wirkungen,
welche so zu sagen an Manie oder Narrheit streifen, so
können auch wir, wie es uns scheint, die Behauptung aufstellen
, dass es die Narrheit des Spiritualismus gewesen ist, in
allen mediumistischen Phänomenen ohne Ausnahme Geister
zu sehen. Diese Narrheit ist auch von Davis in seiner
Schrift: „F o u n t a in" (d. h. „Quelle mit Sprudeln neuer Meinungen
" — vgl. „Der Arzt" [Leipzig, 0. Matze, 1873] Vorwort
S. CXXX ff.) gekennzeichnet worden. Eine heilsame
Beaction scheint sich allmälig zu vollziehen, und die Entscheidung
darüber an einem Studium zu hängen, welches
mehr als alles Andere unermüdliche Nachforschungen und
eine ebenso tiefe als unparteiische Kritik erheischt.
Aber wie im Glauben an die Geister, ebenso leicht ist
es auch, in der Verneinung der Geister, d. h. in der Auseinandersetzung
und Anwendung der antispiritistischen Hypothesen
, ins Extrem zu verfallen. Eine Hypothese ist nur
so weit gültig, als sie die Thatsachen kennt, von denen sie
spricht, und nur insofern sie alle diese Thatsachen erklären
kann. Aber wenn ich in dem Artikel des Herrn Jankowski
im Januar-Hefte 1884 der „Psych. Stud." S. 25 lese: —
„Sprechen wir also nicht mehr von Materialisationen, sondern
von mehrpersönlichen anormalen Sinnesbildern, von
mehrpersönlichen Hallucinationen", — so habe ich mich un-
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