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158 Fsyohisehe Studien. XL Jahrg 4. Heft. (April 1884.)
Hier hielt ich inne, denn es war sichtlich Verworrenheit
, und ich bat ihn, von Neuem nach „d i e" . . . zu dik-
tiren. Das Diktat begann: —
. • . „sesgsibaritischer . . ."
Das war von Neuem dieselbe Sache, nur „t\" war in
ein „s" verbessert. Ich hielt noch inne uud erinnerte an
den Unsinn; aber der Tisch wurde ungeduldig und verlangte
mehrere Male das Alphabet. Ich sagte es her und
schrieb dabei:
„ ... edemitdiebeste von Cato, müde, verstimmt
.
Wir waren in Verwirrung. Es war unmöglich, den
Sinn zu entziffern, und der Tisch war böse. Endlich schlug
Prof. Butlerow, welcher bei der Seance zugegen war, folgende
Deutung vor: —
„übrigens ist diese, sogenannte, sibaritische
Rede mit die beste von Cato etc>
Alsbald klopfte der Tisch: „Gr o 11 sei Dank!"
Das biographische Lexikon belehrte mich, dass Porcius
Cato wirklich Reden gehalten hatte, dass aber nur Fragmente
davon auf uns gekommen sind. So weit hatte Nolke
recht.
Später fand ich auf der Kaiserl. Bibliothek in Petersburg:
(Marcii Porcii) Catonis omnia quaeextant, ed.
Jordan, 1860." Das waren wirklich nur Fragmente; und da
Nolke diese Erde gegen das Jahr 1867 verlassen hat, so hat er
könaen „zu Lebzeiten Bruchstücke gedruckt
gelesen" haben, und insofern hat er nochmals Recht.
Abei weder die „oratio sibarita", noch die dictirte Phrase
fanden sich daselbst vor. Das Gedächtniss hatte also von
Neuem unsern Nolke irre geführt, wie man auch aus dem
Worte „sibarita" ersieht, welches eigentlich „s y b a r i -
t i c a" geschrieben werden müsste, Existirt eine solche Rede
in der lateinischen Litteratur, und wer ist ihr Verfasser?
— Ich weiss es nicht.
Selbst was den lateinischen Satz betrifft, — existirt er,
und wo ? — so bleibt er für uns ein Räthsel. Hinsichtlich
seines linguistischen Werthes sind die Meinungen getheilt:
die Einen sagen, dass er vollständig correct sei, die Andern
behaupten das Gegentheil. Was uns betrifft, so kann ich
nur sagen, dass diese Latinität nicht aus unserem Kopfe
stammte; dass das Wort „s a 1 u b r i s" uns unbekannt war,
überhaupt seine grammatikalische Form als Femininum von
„saluber", — eine Form, welche im Lateinischen nicht
häufig ist; und noch weniger die besondere Bedeutung, in
der es mit dem Worte „memoria" verbunden erscheint.
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