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Wittig: Einblicke eines Erzherzogs etc.
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„überschritten und die wissenschaftliche Methode
„verlassen ist. Mit der Erbringung dieses Nachweises
„aber hat die wissenschaftliche Kritik ihre Aufgabe gelöst:
„hier endet ihre Macht wie ihr Kecht. Und doch
„ist damit zwar viel, aber nicht Alles gethan! Denn durch
„den Verlust des angemaassten wissenschaftlichen Nimbus
„büsst die Metaphysik weder die Möglichkeit, noch das
„Recht des Daseins ein. Sie überlebt den gegen ihre
„wissenschaftliche Existenz geführten Todesstreich, weil er
„ihre tiefsten Wurzeln unversehrt lässt. Mit zäher Lebenskraft
erhalten sich die metaphysischen Vorstellungsinhalte.
„Sie aber, mögen Sie wissenschaftlich alle gleich werthlos
„sein, haben für das Leben der Menschheit einen höchst
„ungleichen "Werth, Von den wecbselvollen Schicksalen
des Kampfes zwischen diesen metaphysich
„bedingten Weltanschauungen hängt unermesslich viel
„Segen und Unsegen ab. Erhebung und Befruchtung, aber
„auch Verwüstung und Verödung vermögen diese vorgestellten
Welten dem geistigen Leben zu bereiten. Ist
„in solchem entscheidenden Kampfe die Philosophie,
„wenn sie zur Einsicht in die Grenzen der Erkenntniss
„gelangt ist, nothwendig zur Neutralität verurtheilt? Kann
„und darf sie zu einer Zeit, in welcher pessimistische,
„materialistische, monistische und manche
„andere spukhafte Metaphysik in der Weltanschauung
weiter Kreise ihren Vorstellungsinhalt ablagert,
„den Eintritt in die Arena vornehm ablehnen,*) weil sie
„damit den Boden der reinen und strengen Wissenschaft
„notwendig verlässt? Trifft sie ein Vorwurf, wenn sie mit
„dem gewaltigen Eüstzeug, das nur ihr zu Gebote steht,
„dem Feinde in die Gefilde folgt, die jenseits der
„Erfahrung liegen und der wahrhaft wissenschaftlichen
Methode verschlossen sind? Wahrlich
! Wenn die Philosophie nach wie vor das metaphysische
„Problem stellt und von der Erkenntniss her um eine Antwort
„auf die Frage nach den letzten Dingen, um eine
„Lösung der Widersprüche in einer höheren Einheit, um
„einen Abschluss der Vorstellungen in einem harmonischen
„Weltbilde ringt, so überschreitet sie zwar das Gebiet
„eigentlicher Wissenschaft: ihren Beruf aber überschreitet
„sie nicht!
*) Wie der Philosoph Professor Wilhelm Wundt in Leipzig in
seiner Schrift: „DerSpiritismus. Eine sogenannte wissenschaftliche
Frage. Offener Brief an Herrn Prof, Dr. Hermann Ulriei in Halle»
(Leipzig, W. Engelmann, 1879) 31 S. gr. 8. — gegenüber Professor
Zöllner'* experimentellen Beobachtungen und Erklärungsversuchen
Slade'&oher Manifestationen gethan hat Gr, C. Wittig.
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