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184 Psychische .Studien. XL Jahrg. 4. Heft. (April 1884.)
zu schreiben sich für bemüssigt gefunden, welches mit den
anerkennenden Worten anhebt: — „Der Glaube der Spiritisten
ist unerschütterlich, wie am Ende jeder Glaube,
„auch wenn er dem Irrthum gilt"? — Doch schon der
folgende Satz: — „Die Natur des Glaubens an und für
„sich schliesst eine auf JErkenntniss beruhende Ueberzeugung
„aus. Letztere heisst Wissen, und für das, was man weiss,
„bedarf es nicht des Glaubens" — enthält einen kolossalen
Irrthum. Wissen wir nicht Alle, dass and wie der Herr
Erzherzog das Medium Bastian entlarvt hat? Verhilft aber
dieses Wissen demjenigen Theile, welcher noch andere Erfahrungen
in mediumistischem Gebiete hat, als gerade nur
diese Entlarvung, wirklich zum Glauben an letztere ? „Fusst
„aber der Glaube" — heisst es weiter — „nicht auf That-
„sachen, so ist es natürlich, dass man ihn mit Thatsachen
„nicht bekämpfen kann; ist er eine freiwillige Abdication
„unseres Urtheils, ein Willensakt unseres Gemüthes, so wird
„man eine liebgewordene Täuschung durch die kräftigsten
„Beweise nicht zu bannen vermögen," Wie nun aber, wenn
es absichtlich provozirte und präparirte Thatsachen zu
einem bestimmten vorgefassten Zwecke gäbe? Kann man
auf solche angebliche Thatsachen eben solches volles Vertrauen
setzen, als auf Thatsachen, welche eich uns im
natürlichen Verlaufe unseres Körper- und Seelenlebens ergeben
? Sind die zwei federnden Haken auf Holzstöckeln
des nun dadurch namentlich (S. 37) berühmt gewordenen
Linzer Schlossermeisters Johann Enzensimmer wirklich so
unwiderleglich kräftige Beweise? „Der Glaube ist eben
„blind wie die Liebe; denn er ist die Liebe, — Liebe zu
„dem, was man gerne glaubt." Der Herr Erzherzog glaubt
liebevoll an seine geistreiche und zugleich gemütbliche Entlarvung
! „Vielleicht liegt darin die psychologische Erklärung
„der merkwürdigen Erscheinung, dass Bastians Entlarvung
„im spiritistischen Lager keineswegs Entmuthigung hervorgebracht
hat; trotz einer Thatsache, welche den Erfahrungs-
„beweis für die Existenz der vierdimensionalen Daseinsweise,
„sowie für die Echtheit ihrer Darstellungen eigentlich vernichtete
, scheint keiner der Gläubigen von seinem Wahn
„lassen zu wollen." (S. 49.)
Und warum nicht? Weil es eben kein blosser Wahn
ist, was bereits Millionen in allen Erdtheilen erlebt und
was hervorragende wissenschaftliche Beobachter am hellen
Tage oder bei vollem Licht als wirkliche Thatsachen und
deutliche sinnliche Erscheinungen bezeugt haben, wogegen
die paar Dunkelkabinetssitzungen des Herrn Erzherzogs
nicht im mindesten ins Gewicht fallen können, weil sie
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