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Wittig: Einblicke eines Erzherzogs etc.
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„sondern als "Wissenschaft; ich würde dann die Erscheinungen
mir leichter zu erklären vermögen. Dagegen
„sträubte ich mich entschieden; ich wollte zunächst etwas
„erlebetf> und dann etwas darüber lesen, um aus der
„Erfahrung nöthigenfalls zur Theorie hinaufzusteigen, und
„nicht umgekehrt." — Nun, vielleicht liest der Herr Erzherzog
jetzt, wogegen er sich vorher so entschieden gesträubt
. Er selbst hat ja bei Bastian, trotz aller vermeintlicher
Entlarvungen desselben, dennoch eine nicht ganz unwichtige
Erfahrung und Entdeckung gemacht, welche er
uns folgendermaassen aus dem ersten Theile der dritten >
Sitzung mit Bastian mittheilt: — „Baron Hellenbach wünschte, j
„dass ihm die Ringe vom Pinger genommen werden. Statt
„ihm, geschah dieses mir, und zwar — ich muss das wahrheitsgetreu
berichten, — in dem Augenblicke, als ich es \
„mir wünschte und demgemäss den Ringfinger meiner linken J
„Hand ausgestreckt hielt, um den Vorgang zu begünstigen.
„Nachdem meine Ringe Anderer Pinger aufgesucht hatten,
„bekam ich sie wieder mit voller Sicherheit aufgesteckt."
(S. 41.) Aber später folgen seine Schlussfolgerungen,
welche deshalb keine Thatsachen mehr sind, sondern lediglich
Vermuthungen, wenn er sagt: — „Die wirklich überraschende
Sicherheit, mit welcher Gesicht, Hände und
„Füsse gefunden wurden, könnte beinahe glauben machen,
„das Medium müsse auch im Pinstern sehen; dennoch ist
„sie nur auf die ungeheure Uebung und das dadurch geschärfte
Ortsgedächtniss zurückzuführen." (S. 79.)
Wie steht es nun aber um diese Erklärung, wenn
Bastian „in dem Augenblicke, als ich es mir wünschte,"
dem Herrn Erzherzog die Ringe von dem Pinger abzog,
die sich doch Baron Hellenbach abgezogen gewünscht hatte ? \
Kann Bastian vielleicht doch nicht bloss Gegenstände, son- «
dern auch Gedanken und Wünsche Anderer im
Pinstern sehen? Oder wäre dieses auch nur ein Humbug,
wie die Wiener Herren Aerzte meinen, weil ja der Anti-
spiritist Cumberland behauptet, er mache das „Gedankenlesen
" ganz natürlich, wenn er es sich auch selbst noch
nicht zu erklären wisse, und steckt da nicht doch ein
taschenspielerischer Pfiff von ungeheuer geschärftem Ortsgedächtniss
dahinter ? Wird der Herr Erzherzog auf diesem
so bequemen skeptischen Wege weiter folgern wollen?
Wir sind und bleiben der Ueberzeugung, dass wir es
hier mit einer die gewöhnlichen Durchschnittskräfte des
Menschen überragenden geistigen oder „seelischen Kraft"
gewisser Personen zu thun haben, deren unverstandene
Aeusserungen man im Mittelalter als „Zauberei" und
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