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198 P syehische Studien. XL Jahrg. 4. Heft. (April 1884.)
Erzherzogs angeboten wurde.*) Es hat ohne Zweifel eine
Art Veränderung im Charaeter seiner Mediumschaft stattgefunden
seit den ersten Tagen derselben, worüber demnächst
ein Bericht erscheinen wird.
Ehe er in das Palais des Erzherzogs ging, kaufte sich
Mr. Bastian ein Paar feine Stiefeletten, und wie oft in
solchen Fällen geschieht, drückten sie ihn. Als er seinen
Sitz im improvisirten Kabinet einnahm, zog er sie aus, —
weil er befürchtete, dass die Unbequemlichkeit derselben
ihn am Trance-Zustande verhindern würde.**)
Der Baron, behauptet man, fühlte eine dünne Palte
unter Bastian1 s Hemd, als dieser untersucht wurde. Diese
„dünne Falte" war seine Leibjacke oder sein Unterhemd,
ein Kleidungsstück, welches, wie es scheint in Oesterreich
noch unbekannt ist und schweren Verdacht erregte.
Im Uebrigen sind die Thatsachen genau und der
Schluss, dass Betrug unter den Bedingungen unmöglich war,
ist überzeugend. Kein Medium ist seit 1870 eingehender
geprüft worden als Harry Bastian, und ich habe nur zu
bedauern, dass sein Widerstreben, Säancen zu geben, wahrscheinlich
vermehrt werden wird durch die, wie ich glauben
muss, sehr ehrverletzende und unfürstliche Behandlung, die
ihm in Wien zu Theil wurde. Baron Hellenbach bedauert,
dass Bastian vor der Sitzung nicht vollständig entkleidet
wurde. Dieses geschah nicht lange nachher in Gegenwart
eines wohl bekannten Geistlichen in London. Wenn aber
ein Dutzend oder mehr materialisirte Gestalten von Männern,
Frauen und Kindern erscheinen, so ist etwas mehr erforderlich
, als ein schlanker Mann unter seinem Hemd oder
*) Hieraus wird ersichtlich, dass der ganze „finanzielle Beflex",
den der Herr Erzherzog auf Bastian (S. 9 seiner „Einblicke") als
geldbedürftiges Professionsmedium geworfen hat, total hinfällig ist,
umsomehr als Hochderselbe (nach S. 35) Bastian sogar verhindert hat,
„den vielen und dringlichen Wünschen vornehmer Kreise" nachzukommen
, so dass weder Er selbst, noch „das kk. österreichische Aerar"
(S. 74), noch das Wiener Publikum die Kosten dieser gemüthlichen
Entlarvung zu tragen hatte. Dafür hat der Herr Erzherzog einem
Mr. Cumberland den Bastian öffentlich beanstandeten Tagelohn und
Verdienst bereitwilligst vergönnt, obgleich Ersterer öffentliche Schaustellungen
gab und Bastian nur in wenigen Privat-Cirkeln gewirkt
haben würde. Wir meinen, was dem Einen im Geldpunkte recht, sei
auch dem Andern billig. — Der üebersetzer.
**) Diese Erklärung hätte nicht vorgebracht werden sollen ohne
gleichzeitige genaue Angabe des Geschäfts und der Zeit, damit eine
verificirende Controle in Wien noch stattfinden konnte. Wie die ganze
Angelegenheit steht und liegt, wird diese blosse Behauptung leider
Niemand voll überzeugen. — DerÜebers.
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