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Wittig: Eine Hamburger Kritik über den Spiritismus. 217
„dass die Zeugen lügen, — welche Annahme sich aber in
„vielen jener Fälle für jeden halbwegs gerecht und ohne
„individuelle (Jeberhebung urtheilenden Menschen durch den
„Hinblick auf die moralische Qualität dieser Zeugen schlechthin
verbietet.
„Zweitens stimmen die spiritistischen Phänomene in
„allen characteristischen Zügen durchaus überein mit einer
„ungezählten Menge anderer, ausserhalb der spiritistischen
„Oirkel, in allen Jahrhunderten und unter allen Völkern
„vorgekommener, vielfach durch vollkommen einwandsfreie
„Zeugnisse, ja mitunter sogar amtlich und protokollarisch
„festgestellter Thatsachen, deren Reellität nur diejenigen
„leugnen können, welche von diesen Dingen keine genauere
„Kenntniss haben, — während dagegen z. B. Schopenhauer
„in Bezug auf eine bestimmte Klasse dieser Thatsachen
„sogar behauptet, dass jeder Kenner im Stande sei, die
„echten von den falschen, erdichteten zu unterscheiden, —
„oder welche im Voraus entschlossen sind, Allem, was sie
„nicht klärlich begreifen oder was in ihr System, in
„ihre Lieblingsmeinungen nicht hineinpasst, den Glauben zu
„versagen. Was vollends das Geschrei des vulgären Auf-
„klärichts anlangt, so ist auf dasselbe gar nichts zu geben;
„dieser Haufe glaubt lediglich deshalb nichts von Alledem,
„weil es heutzutage nun einmal Mode ist, es nicht zu
„glauben, genau so wie in früheren Jahrhunderten das
„Gegentheil Mode war.
„Drittens hat sich aus der Beobachtung und Ver-
„gleichung der in Rede stehenden Thatsachen eine bestimmte
, wenn auch noch keineswegs abgeschlossene und
„gerundete, doch in gewissen Grundzügen bereits feststehende
Theorie herausgebildet, durch welche diese Dinge
„zwar keineswegs vollständig erklärt, aber doch bedeutend
„plausibler, für die Weltanschauung eines denkenden und
„gebildeten Menschen geniessbar gemacht werden. Und
„zwar sind diese Grundlinien nicht etwa von den Spiritisten
gezogen worden, sondern schon von altem und theil-
„weise ältestem Datum, und finden sich gleichmässig in sehr
„verschiedenen und in von einander gänzlich unabhängingen
„Quellen. Es ist nun aber ganz und gar unglaublich, dass
„das Alles lediglich das Produkt willkürlicher und sinnloser
„Gaukeleien und Taschenspielerstreiche sein sollte; weit
„näher liegt vielmehr, anzunehmen, dass die Betrüger
„und Prestidigitateure den Spuren der Wirklichkeit nachgelaufen
sind.
„Die theoretischen Argumente, welche Erzherzog Johann
„gegen die Möglichkeit vorbringt, dass in dieser Sache noch
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