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Eduard v. Hartmann über den Spiritismus.
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„eigenartige Religionsphilosophie des modernen Spiritismus
„kritisch zu beleuchten. Die romantische Restauration des
„Inderthums durch die Schopenhauer^che Philosophie wird
„erst dann in das richtige historische Licht gerückt, wenn
„man in Schopenhauer, Hellenbach und Mainländer die genaue
„historische Parallele erkennt zu der Vedanta-Lehre, der
„Sankhya-Lehre des Kapila und zum Buddhismus, also zu
„den drei Hauptformen, in welchen die indische Weltanschauung
ihre systematische Durchbildung gefunden hat."
— — "Weiter finden wir die höchst beachtenswerthen
Stellen: — „Wenn Pfleiäerer dem Pessimismus nicht ein-
„mal so viel Ehre anthun will, ihn für eine wissenschaftlich
„discutirbare Theorie zu halten, so reimt sich das schlecht
„mit der Bemerkung, dass das Christenthum die wahre Verknüpfung
von Pessimismus und Optimismus, d. h. von der
„Unseligkeit des natürlichen Bewusstseins und der Seligkeit
„des Gotteskindschaftsbewusstseins, biete, womit doch die
„Wahrheit des empirischen Pessimismus zugestanden ist.
„Die 'sehr beachtenswerthe Erinnerung', dass eine Lust-
Empfindung darum nicht aufhört, reale Lust zu sein, weil
„sie auf einer Illusion beruht, hätte Pfleiäerer schon in
„der ersten Auflage der Thilosophie des Unbewussten'
„(S. 536) finden können. Der eudämonistische Maaszstab,
„welcher für die Bestimmung moralistischer Werthe verwerflich
ist, ist darum doch nicht weniger wissenschaftlich
„brauchbar und berechtigt zur Bestimmung eudämonolo-
„gischer Werthe; er wird von mir an die Welt angelegt,
„gerade um aus dem Ergebniss zu beweisen, dass der positive
Werth der Welt nicht auf der Summe der Lustgefühle
in ihr beruhen kann, dass also ihr wahrer Werth
„wo anders, d. h. in ihren Leistungen für einen über der
„Erscheinungswelt liegenden Zweck gesucht werden muss.
„Dass Pfleiäerer diesen Zusammenhang so gänzlich miss-
„verstehen könne, hatte ich allerdings nicht erwartet." —
— Auch die Illusionen des Spiritismus dürften für die an
sie glaubende menschliche Seele ebenso wirklich und real
erscheinen, wie die Illusion eines Schauspiels uns zu Thränen
zu rühren vermag. Darum sind und bleiben sie höchst be-
achtenswerth. Der höhere Zweck des Menschen, welcher
entschieden über die sinnliche Erscheinungswelt, hinausdeutet
, scheint mir sehr gut von Iwan Turginiew angedeutet
zu sein in den Seite 572 des November-Heftes 1883 der
„Psych. Studien" citirten Worten: „Das Leben ist kein
Scherz und kein Spiel etc." — W.
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