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246 Psychische Studien. XI. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1884.)
Ein Magnetiseur in Dresden, 1
Eine gewählte Gesellschaft hatte sich auf private Ein- ^
ladung hin am Mittwoch Abend im Hotel Stadt Rom eingefunden
, um einem Vortrage des Magnetiseurs Prof. Leo
Hofrichier über den „Lebensmagnetismus" beizuwohnen.
Unter den ca. 80 Zuhörern waren ausser einer Anzahl
distinguirter Damen u. A. die Herren Generallt. v. Carlowitz,
Oberhofmarschall v. Könneritz, Graf Luckner, Oberst v. r
Nostiz-Drzervski, Landgerichtsdirektor v. Weber, Hofrath
Ackermann, Offiziere, Aerzte und Beamte zu bemerken.
Herr Hofrichier hatte bei diesem Unternehmen vor Allem
den Zweck im Auge, den „bisher in seinen "Wirkungen
vielfach unbekannten und verkannten Lebensmagnetismus
wissenschaftlich zu begründen und an praktischen Experimenten
zu demonstriren". In einem ausführlichen und
etwas ermüdenden Expose ging der Vortragende zunächst
auf die nähere Ursache des Lebensmagnetismus ein, dessen
Theorie hauptsächlich auf dem Gravitationsgesetz beruhe.
Durch die Wirkung von Materie auf Materie (Schwingungen)
ergiebt sich die merkwürdige Thatsache, dass auch Menschen
in einem geschlossenen Räume durch ihre gegenseitigen
unsichtbaren Kraftäusserungen einen gewissen Zusammenhang
, eine wechselseitige Anziehungskraft auf einander
herzustellen und auszuüben im Stande sind. Einem derart
qualificirten Menschen (Magnetiseur) sei dann die Möglichkeit
gegeben, durch gewisse sog. lebensmagnetische Emanationen
(körperliche Manipulationen oder auch psychische
Einwirkung) einen sensitiven Menschen (Medium) in einen
abnormen Zustand zu versetzen. Diese Wirkung werde um-
somehr gesteigert, je mehr sog. Schwingungsfäden vorhanden
sind, je grösser deren Schnelligkeit wird und je grösser die
Ausübungsfähigkeit des Magnetiseurs oder die Empfindungsfähigkeit
des Magnetisirten ist. Der Umstand also, dass
durch unseren Willen diese Schwingungsfäden in Aufregung
gebracht, somit unser Wille in lebende wirkende Kraft
verwandelt und auf andere sensitive Menschen geleitet werden
kann, lüftet den Schleier des Geheimnisses des Lebensoder
sog. Phrenomagnetismus. Redner verbreitete sich des
Weiteren über die Formen der hervorgebrachten Wirkungen, i
über die verschiedenen Arten des magnetischen Schlafes, !
vom einfachen Schlaf bis zur vollständigen Katalepsie
(Todtenstarre), schildert sodann den heilbringenden Einfluss
des Magnetisirens auf den kranken Menschen, die praktische
Verwerthung dieser Kunst bei Operationen, Geburten u. s. w.
und endlich das Verfahren beim Magnetisiren selbst. Den
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