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Kurze Notizen.
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sich jetzt dessen Unterbringung in die Anstalt Colditz erforderlich
machte. Erfreulicherweise können wir nun berichten
, dass sich die Theilnahme an derjenigen Vereinigung,
aus welcher jener Unfall hervorgegangen ist, und deren
Mitglieder sich Deophaner (Gtotterschienene) nennen,
vermindert; denn wie man hört, hat ein Mitglied derselben
das Mädchen, welches das Medium vorstellte, geheirathet,
und sind diese Beiden ausgetreten. („Leipz. Tagebl." v.
16. Dezember 1883.)
e) In dem in „TJeber Land und Meer" Nr. 11/1884 enthaltenen
Romane: „In dunkler Nacht" von Levin Schücking*)
finden wir u. A. folgende zum spiritaalistischen Nachdenken
anregende Stelle, 2. Spaltseite 219: — Der Freiherr von
Gutteneck spricht mit dem ihm begegnenden Privatdozenten
der Philosophie Alfred über ein untergegangenes und verkommenes
Genie, das sich in's Glas vertiefte und endlich
aller Knoten Lösung in gründlichem Betrunkensein suchte.
„Solcher Menschen Untergang ist sicherlich höchst tragisch,"
antwortete Alfred. „Der allgemeinen "Weltentwickelung wird
es freilich wenig schaden, dass sie untergehen; diese bewegt
sich so stetig und gesetzmässig fort, dass es auf einen Leibniz
mehr oder weniger nicht ankommt, — aber man fühlt solcher
Seelenleben langen Schmerz mit und denkt gepeinigt an
das Räthsel der Existenz." — „Zu dessen Lösung es nur
ein Gleichniss giebt", fiel der Freiherr ein. „Die Natur
lässt hunderttausend Blüthen schön und duftig entknospen
und streut sie dann wild auf den Boden umher, wo sie
zertreten werden. Es ist eine wunderliche Welt! Man weiss
nicht, soll man nicht Die am glücklichsten nennen, welche
in Wirklichkeit nie existirt haben, sondern nur gelebt in
den Phantasien der Dichter?" — „Das heisst? Mir scheint
wirkliches Leben und Dasein in Fleisch und Blut doch
einem bloss eingebildeten Schattendasein bedeutend vorzuziehen
!" meinte Alfred. — „Weil Sie noch jung sind, —
— mit der löblichen Absicht ausgerüstet, und dem frommen
Glauben, dass Sie diese Absicht erreichen werden! Wenn
Sie alt geworden, denken Sie vielleicht wie ich. Schattendasein
! Schattendasein ist Alles! Nehmen Sie einen wirklichen
Menschen und eine Dichtergestalt. Nehmen Sie
Philipp II. und Marquis Posa. Philipp hat gelebt, nun ja
— Vergnügen hat er nicht viel davon gehabt. Für eine
kurze Spanne Zeit ist er über die Erde gegangen, und
dann hat er sich in Atome, in chemische Potenzen, in
*) Vgl. Kurze Notizen sub d) im Dezember-Heft 1883 der „Psych,
Studien" S. 577 ff, -
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