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Maack: Ideen über den histor. Beweis einer Geisterwelt. 283
theil, sondern es geschieht, wenn ich mich derb eines trivialen
Ausdruckes bedienen darf, deshalb, weil man gar zu
leicht in eine höchst gefahrvolle Glaubens- und Gefühlsduselei
gerät. Denn, um es den Griechen nachmachen zu
können, — die doch gewiss falsche, aber immerhin mögliche
Erklärung von Seiten einiger moderner Philologen und Philosophen
über die Entstehung ihrer Mythologie zugegeben,
— fehlt uns eben „jener Zaubertrank im Leibe, mit welchem
diese übermüthigen Menschen das Leben genossen haben
mögen." So schliesst Nietzsche*) aus der griechischen Volksweisheit
, dass „der Grieche die Schrecklichkeiten und Entsetzlichkeiten
des Daseins kannte und empfand; um nun
aber überhaupt leben zu können, musste er vor sie hin die
glänzende Traumgeburt der Olympischen stellen. Jenes
ungeheure Misstrauen gegen die titanischen Mächte der Natur
, jene über allen Erkenntnissen erbarmungslos thronende
Moira . . . wurde von den Griechen durch jene künstlerische
Mittelwelt der Olympier überwunden, jedenfalls verhüllt und
dem Anblick entzogen. Diese Götter brachen wie Rosen
aus dem Dornen-Gebüsch hervor, — und indem sie selbst
das Menschenleben leben, rechtfertigen sie es — die allein
genügende Theodicee." — Wie gesagt, wenn ich auch dieser
Entstehuügsweise der Mythologie nicht beistimme, so muss
man doch zugeben, dass sie so entstanden sein könnte;
und hält man nun hiergegen die Thatsache, dass vielleicht
die Meisten gerade aus Materialisten zu Spiritisten geworden
sind, so dürfte wohl obige Interpretation antiker Mythologie,
von späteren Forschern auf modernen Spiritismus angewendet
, nicht ganz fehlschlagen. Relativ glücklicher und
besser als Menschen sind wenigstens meiner festen Ansicht
nach die Spiritisten, und ihre Lehre anzunehmen, ist jedenfalls
lebensklug. Aber, ob sie wahr ist — ? (und die
Wahrheit ist doch der höchste Preis, nach dem wir ringen
müssen!) in ihrer Möglichkeit zu bestreiten, jedenfalls nicht.
Darum Vorsicht, Vorsicht in der Annahme jenes einen
Falls. Denn wenn man dem Teufel auch nur den kleinen
Finger giebt, nimmt er bekanntlich die ganze Hand.
F. Maack.
*) „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik", pag. 8.
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