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288 Psychische Studien. XI. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1884.)
Entstehen organischer Keime unter Bedingungen zu beobachten
, die vollkommen einwurfsfrei gegen jede denkbare
Communikation mit der Atmosphäre wären, — was wollte
man Jemandem erwidern, wenn er behauptete, die orga-
nischenUrkeime waren bezüglich ihrer Grösse von der
Ordnung der Aetheratome, und drängten sich mit den
letzteren gemeinsam durch die Zwischenräume der materiellen
Molecüle, welche die Wandungen unserer Apparate
constituiren ?
„Verlangt man doch von keinem Naturforscher, dass er
uns erst die Atome desAethers und seine Schwingungen
zeige, ehe wir uns auf die fruchtbaren D eductionen der
Undulationstheorie einlassen. Weshalb nicht? Weil
der Aether und seine Bewegungen nur die Bedingungen für
die Begreiflichkeit der Phänomene des Lichtes in der Undulationstheorie
aussprechen.
„Ebenso drückt die Hypothese der generatio aequivoca, d. h.
von der Möglichkeit der Entstehung organischer aus
unorganischer Materie, nichts anderes als die Bedingung
für die Begreiflichkeit der Natur nach dem Causalitätsgesetze aus.
Ihre Wahrheit kann nur allmälig aus der Ueberein-
stimmung der daraus abgeleiteten mit den beobachteten
Thatsachen erkannt werden, ganz wie dies bei der
Theorie des Lichtes derEall ist.
„Die Hypothese selbst aber muss, als Bedingung
für die Begreiflichkeit, allen Bemühungen
des Begreifens selber (a priori) vorausgehen;
denn 'jedenfalls ist es klar, dass die Wissensehaft, deren Zweck
es ist, die Natur zu begreifen, von der Voraussetzung
ihrer Begreiflichkeit ausgehen müsse, und dieser Voraussetzung
gemäss schliessen und untersuchen.'" *)
Sprüche bildet. Professor Zöllner ist bei den mediumistischen Phänomenen
Stades ganz in dieselbe zweideutige Lage gerathen. Genau
besehen, glaubte er aus ihnen zunächst die Theorie einer vierten
Dimension deduciren zu können; deren heimliche a priori Voraussetzung
war aber wieder das Allgeistige oder die Geisterwelt,
welche sich überall in seine ersten Untersuchungen mit hineinmischte.
Der in diesen erkenntnisstheoretischen Dingen unwissende und ungläubige
Theil der naturforschenden und philosophischen Praktiker
griff Zöllner wegen s* ines Geisterglaubens, der ihm doch nur eine notwendige
logische Voraussetzung war, aufs heftigste an, ohne zu
bodenken, dass sie selbst mit ihrer Nichtsvoraussetzung oder Ilypo«
theseniosigkeit zu gar keiner Entscheidung über den allzusammenhängenden
Charakter einer Erscheinung zu kommen vermögen. Der
unseren Sinnen nächste Zusammenhang dieser Phänomene wurde von
Zöllner noch besser als von seinen Gegnern erkannt, welche sogar
trotz exaeter sinnlicher Beobachtung die Wirklichkeit und die Echtheit
derselben zu leugnen sich vermaassen. Gr• C. Wittig»
*> Helmholtz: „lieber die Erhaltung der Kraft", pag. 3.
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