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Wittig: Kritik einer Kaplans-Kritik über Zöllner* 289
„Dessenungeachtet bezeichnet Sir William Thomson in
seiner Rede die Annahme, dass unter gewissen, von uns
aber nicht willkürlich herzustellenden Bedingungen aus unorganischer
Materie organische entstanden sei, als —
'eine sehr alte Vorstellung, an die sich noch manche
Naturforscher klammern, indem sie annehmen, dass unter
meteorologischen Verhältnissen, die sehr verschieden waren
von den jetzigen, todte Materie zusammengelaufen oder
krystallisirt oder gegohren sei zu Lebenskeimen, oder
organischen Zellen, oder Protoplasma'. — Glaubt Sir
William Thomson, indem er auf das hohe Alter dieser
Vorstellung hinweist, ein Argument gegen ihre Wahrheit
gefunden zu haben, so erlaube ich mir, ihn daran zu
erinnern, dass der Inhalt einer jeden Wahrheit
das Aelteste ist, was überhaupt existirt.
„Indessen jene Rede liefert uns noch fernere Beweise
für den primitiven Zustand der Erkenntnisstheorie
bei den ersten Vertretern der exacten Wissenschaften
in England, . . . --
Wir unterbrechen hier Zöllners weitere höchst geordnete
Beweisführung, die, wie nun Jedermann selbst einsehen
wird, durchaus nicht nach der Ansicht des Herrn Kaplan
Fischer „weder mehr logisch, noch philosophisch, noch unwissenschaftlich
", sondern das gerade gute Gegentheil von
alledem ist, um nunmehr noch einige weitere für uns wichtige
Schlussfolgerungen 7Mlner's zu citiren: —
„Es giebt bekanntlich in der Wissenschaft inductive und
deductive Beweise für die Existenz eines bestimmten Oausal-
verhältnisses von Erscheinungen. Der inductive Beweis
besteht darin, dass die in einer gewissen Anzahl von Fällen
beobachtete Beziehung auch auf andere noch nicht beobachtete
Fälle ausgedehnt wird. Je grösser die Anzahl
von Fällen ist, in denen die Existenz des fraglichen
Causalverhältnisses durch Beobachtungen nachgewiesen ist,
desto grösser wird nach mathematischen Gesetzen die Wahrscheinlichkeit
für die Existenz dieses Zusammenhanges auch
bei ferneren, noch nicht beobachteten Fällen.
„Ist ein Ereigniss, welches auf die Existenz eines
bestimmten Causalverhältnisses zu schliessen berechtigt,
(z. B. die Coincidenz [das Zusammentreffen] einer dunklen
Linie des Sonnenspectrums mit der hellen Linie eines bekannten
Stoffes), H mal eingetreten, so wird die Wahrscheinlichkeit
, dass auch die nächste Beobachtung zu Gunsten
jener Beziehung sprechen wird:
. n + 1
' n + 2 *
Psychische Stadien. Juni 1884.
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