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Kurze Notizen.
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haft magnetische Ein Wirkung auf die Försterstochter, in die
Gegenwart hereinragt und in die Wirklichkeit eingreift.
Diese unmotivirte, ganz äusserliche Mischung von phantastischem
Spiritualismus und plastischem Realismus, durch
welche das hübsche, unschuldige Försterskind zum Opfer
einer tollen Gespenstergeschichte wird, ist, trotz poetischer
Einzelheiten, in ihrer Unvernünftigkeit gar zu unerquicklich."
Jedenfalls verdient die Geschichte von Spiritualisten gelesen
und beurtheilt zu werden.
&) Von Emile Littre, dem berühmten französischen Sprachforscher
, dem Verfasser des „Dictionnaire de la langue
frangaise", berichtet uns Professor Dr. Adolph Brennecke in
„Deutsche Rundschau", Aprüheft 1884, dass er, am 1.
Februar 1801 als Sohn eines Unteroffiziers in der Seeartillerie
geboren und von einer protestantischen Mutter erzogen
, zuerst Mathematik, dann Medizin, später Geschichte,
Sprachwissenschaft, Literatur und Philosophie studirt habe
Besonders hat Auguste Comtess „Philosophie positive" (1830
bis 1842 erschienen) einen grossen Einfluss auf sein methodisches
Denken geübt. Die wahre Wissenschaft ist nach
ihm allein der feste Ausgangspunkt für jeden Fortschritt
der Civilisation: aus dem tatsächlichen, dem positiven
"Wissen müsse man die ganze Kette der Glaubenslehrea
ziehen, anstatt zwischen Glauben und Wissen einen untilgbaren
Widerspruch aufrecht zu erhalten, der gerade die
Tüchtigsten und Edelsten zur Verzweiflung treibe. Nur ganz
allmählig, durch unablässiges Nachdenken, auf Grund tausendfacher
Erfahrungssätze, nach unzähligen Berichtigungen der
Ergebnisse früherer Forschungen, die ihm manchen Seufzer
der Enttäuschung auspressten, gelangte Littre im Greisenalter
zu einer ruhigen Klarheit über die höchsten, den
Menschengeist bewegenden Fragen. Er ist kein Verächter
des Christenthums, dessen grossarfcige und wohlthätig wirkende
Seiten er rückhaltlos anerkennt; aber gegenüber dem un-
ermesslichen Unbekannten gesteht er sich nicht das Recht
zu, irgend etwas weder zu leugnen, noch zu bestätigen, das
nicht den Beweis der Augenscheinlichkeit in sich trägt.
Voll tiefer Herzenstrauer beugt er sich manchmal unter
der Wirklichkeit der Thatsachen: er vermag weder leichthin
über schwierige Fragen hinwegzugehen und in den Tag
hinein zu leben, noch nach Art der Strenggläubigen sich
Ueberzeugungen anzueignen auf Grund des alleinigen
Glaubens. Jahrzehnte lang bewegt ihn der Gedanke an
den Tod. Ihm ist das Leben im Jenseits gleichsam
ein Ozean, der an unsere Lebensküste brandet und den zu
befahren wir weder eine Barke noch ein Segel haben, aber
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