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Strigel: Die menschliche Geistfrage oder der Geist etc. 331
allmählich freier sich selbstbestimmenden Menschengeist zur
Quelle der mannigfaltigsten Strebungen, oder zielbewussteren
Wollens, durch Lust- und Unlustgefühle geleitet, werden.
So ist also „Geist" im Menschen dasjenige, welches die
Thätigkeit eines Geistigen ausser sich, auch in sich,
zu Bildern und Vorstellungen, oder zu Empfindungen seines
Eigenzustandes gestaltet.
Einige betrachten den sinnenfälligen Stoff für das Unvergänglichste
, durch seine Wirkungen am meisten gekannte,
obgleich Andern nicht klar ist, was ein Stoff, ohne eine
Kraft zu wirken, sein solle; ein Stoff, dessen Form zudem
beständigem Wechsel unterliegt. Desshalb verwirft auch
die tiefere Forschung Atome mit festen Kernen und fasst
dieselben als Kraftccntren.
Wir halten die differenzirten Stoffe und Formen für
Einheiten von Kräften und Bewegungen, welche aus einem
Geiste, als einem ewig Thätigen, kommen und zum Geiste
führen; da keine Kraft als Wirkung eines Thätigen verloren
gehen kann. —
Man streitet, ob die Materie diskret, oder unendlich
und kontinuirlich sei. — Wenn nun aber das der Materie
zu Grunde liegende, noch unbestimmte, unendlich Ausgedehnte
allein kontinuirlich, und zugleich das Verbindende
der durch einfliessende Kräfte zur Form bestimmten Materie
wäre? Diese Kräfte würden in ihrem Bildungsvermögen
stets erhöht, und zwar durch ein fortwährendes Wirken von
der ersten geistigen Urquelle aus. — Was Prof. Ulrici in
„Gott und der Mensch" 1874 I. S. 20—23 vom immateriellen
Atom sagt, gilt vielleicht von der unbestimmten Kraft;
auch diesem Forscher aber besteht die Materie nur aus
Kräften u. s. w.
Es wird das Maass der Stoffe und der Kräfte als eine
gegebene, feste Grösse betrachtet. Die Stoffe und Kräfte
sollen sich ineinander verwandeln*), und die Natur soll als
Inbegriff derselben, auf diese Weise nach ihr immanenten
Gesetzen, unbewusst die Welt entwickeln. Eine gegebene
Grösse ist aber eine begrenzte Grösse; die Welt könnte
indessen auch durch eine Begrenzung im Unbegrenzten entstanden
, und die Quelle der Kraft — (für uns der Geist)
— zwar eine gegebene, aber eine im Wirken unendliche,
d. h. ewige Thätigkeit sein.
Die Entwickelung der Welt könnte also mit einem
*) Man vergl. hierzu unsere Noten in „Psycb. Stud.a Septbr.-Heft
1882 S. 414 ff und Oktober-Heft 1882 S. 467 ff, —
Der Sekretär der Redaktion.
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