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332 Psychische Studien. XL Jahrg. 7. Heft. (Juli 1884.)
Aufsummiren von Wirkungen innerhalb einer vom Unendlichen
sich selbst gesetzten Grenze, oder des an sich Unbegrenzten
, zusammenhängen. Die Welt und ihre Kräfte
wären also Ausfluss eines Geistigen, eines Willens! —
Uebrigens haben grosse Denker ähnliche Ansichten geäussert,
sowie auf das Widersprechende hingewiesen, dass aus einem
im tiefsten Grunde „Unbcwussten" sich ein Bewusstsein
entwickeln solle! Als Grund und Zweck des Anstosses zum
Werden der Dinge wurde im Laufe der Zeit Verschiedenes
angenommen, wie die verschiedenen Religions- und Philosophie
-Systeme uns beweisen.
Alt ist der Satz: dass nur Gleiches auf Gleichartiges
— also Geistiges auf den Geist — wirken könne. Die
Materie ist daher nur Erscheinung; sie ist die Verstoff-
lichung*) eines Geistigen, oder die Wirkung von Kräften,
— eines Wollens! — Auf Glauben beruht vieles in der
Wissenschaft, der Materialisten sowohl, als der andern
„isten"! — Vielleicht erscLliesst sich alle Brkenntniss der
richtigen Selbsterkenntniss! Gleichfalls die Wirkung eines
Wollens! Für den Gebildeten hat die Erde aufgehört,
Mittelpunkt des Universums und eine beständige Quelle
des Verdrusses für einen allmächtigen Schöpfer zu sein.
Die Entwicklungsgesetze überheben den Letztern menschlicher
Sorgen. Jeder sucht sich auf seine Weise Ziel und
Zweck der Welt — nicht ohne Folgen für seine Person —
zu einem Ganzen abzurunden, wobei ererbte Neigungen und
Verhältnisse von grossem Einfluss sein werden. Auch das
Folgende macht davon keine Ausnahme. „Der Gaben sind
viele, doch es ist nur ein Geist!"
Nirgends vermag der Mensch die letzten Ursachen des
Geschehens sinnlich zu erfassen oder zu ertasten. Aus
dem Uebersinnlichen kommen die Kräfte, und in's Ueber-
sinnliche mündet das Menschenleben zurück. Ein (scheinbar)
ewiger Kreislauf!--
Aber trotz des bisher so geringen Erfolges der Wissenschaft
, die höchsten Wünsche und das Hoffen aller Zeiten
für Erkenntniss sicher zu stellen, weigert sich dieselbe, ein
Forschungsgebiet offiziell zu betreten, welches vielleicht geeignet
wäre, einiges Licht über die Natur unseres Geistes
zu geben und dadurch Verständniss in dieses Dunkel zu
bringen.
Wir meinen das grosse Gebiet des Schlaf leb ens,
*) Wir erinnern hier an die wissenschaftliche Ansicht: — dass
das Licht sich im Naturprozess zu Stoff — in der Kohle etc. — verdichte
! —
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