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350 Psychische Studien. XI. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1884.)
und weinen und verfiel schliesslich in Tobsucht. Am Dienstag
Mittag verfiel sie wiederum in den früheren Schlafzustand,
worauf sie am folgenden Tage, noch immer schlafend, per
Droschke zu ihren Eltern nach Montenach transportirt
wurde. Erwähnenswerth ist, dass eine Schwester der Genannten
seit 10 Jahren geisteskrank ist, nachdem sie drei
Jahre hindurch die gleichen Anfälle von Schlafsucht gehabt
haben soll. — Sicher haben wir es hier mit einer erblichen
Disposition zu thun, welche nach den Lehren Dr. Fahnestock}s
durch verständiges Eingehen auf das in der Schlafsucht sich
verrathende Heil bestreben der Natur wenn nicht ganz geheilt
, so doch in eine mildere und unschädliche Form übergeleitet
werden könnte, ohne in directen Irrsinn auszuarten.
Falsche Behandlung einer solchen Person ohne liebevolles
Eingehen auf ihre Vorgeschichte und die sie bewegenden
Gremüthszustände und Ideen, durch welche sie sich selbst
zu heilen vermöchte, muss das Schicksal dieser Kranken
dem ihrer Schwester ähnlich gestalten. (Siehe Dr. W. B.
Fahnestock: — „Statuvolence oder der gewollte Zustand
und sein Nutzen als Heilmittel in Krampfzuständen
etc." [Leipzig, 0. Mutze, 1884.] Seite 33 Note.)
Nur in Folge sorgfältigen Studiums dieser und einschlägiger
Schriften wird man sog. wunderbare Heilungs - Thatsachen
besser verstehen und richtiger würdigen, als wie sie den
Zeitungen z. ß. in folgendem Bericht aus Pera vom
16. Juni er. zugehen: — „Da ist das iWasser von Lourdes',
welches dem Orientalen zeigt, was der Occident schaffen
kann; denn keine der prächtigen Mineraiquellen, mit denen
die Türkei überreichlich bedacht ist, kann solche prompte
Heilungen erzielen, als es das Wasser . on Lourdes vermag.
Das Wunderwasser haben fromme Leute in Ferikioy in
Depot und Entreprise genommen und beglücken damit die
Provinzen. Jubelnde Berichte von dort melden von den
wunderbaren Wirkungen; da werden durch einen Trunk
von dem Wasser in der Parochie von Marasch in Kleinasien
zwei Verrückte binnen drei Tagen ganz und gar wieder
vernünftig, nicht einmal eine Spur von Schwachköpfigkeit
bleibt ihnen! Ebendaselbst in Marasch wird eine gewisse
Marie, die an einem unheilbaren Hautausschlag litt, durch
das Wunderwasser geheilt, munter und gesund. Waschen
thut immer gut. Sogar in unserem Pera ist einem Mädchen
aus sehr guten Hause das Heil widerfahren, dass ihr böses
Nasenbluten und ihre Neuralgie durch Lourdes-Wasser für
alle Zeiten vertrieben wurde." — Der betreffende Corre-
spondent scheint sich gar nicht der Worte Christi zu
erinnern: — „WeibK dein Glaube hat dir geholfen!" —
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