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378 Psychische Studien. XI. Jahrg. 8. Heft. (August 1884.)
zeinen Erscheinungen und nur seltsamer als überall,
in der That zwei Welten, welche, wie die Kräfte überall,
oder öfter in unmerklichen Graden und für die Sinne verborgen
, in einander überfliessen und überwirken könnten.
Viele reden von diesen Dingen, ohne sie zu kennen, in
sehr oberflächlicher Weise als von reinen Hirngespinnsten.
Möchten sie doch ihre eigenen Gespinnste nicht überschätzen!
Im vollen Umfange ist wohl kein Lehrsystem aufrecht zu
erhalten, eher dagegen ist aus jedem etwas zu lernen. Wer
sie nur alle richtig zu erfassen und zu bewältigen verstände!
Die Menschheit dürfte also doch ein grosser Körper sein,
in welchem jedes Glied einiges, aber nur weniges leistet.
Vielleicht findet sich in dem, was wir zusammenstellen, auch
etwas Zusammengehöriges! Wenn also Manches nach dem
jetzigen Stande menschlicher Erkenntniss für die Annahme
zu sprechen scheint, dass die Welt aus einem Geistigen und
Unendlichen, oder aus der expansiven Art des Urseins ihren
Anfang nahm, da das Geistige in sich die Fähigkeit der
Selbststimmungen und des Differenzirtwerdens zu tragen
scheint, — was wir an uns selbst ja beobachten, — und da
noch heute dasselbe im Denken geschieht in der Stoffwelt, in
welcher aus Flüssigkeiten Krystalle ausscheiden und Formen
gewinnen, so mögen aus und nach ähnlichen Gesetzen die
Welten sich gesondert haben.
Wenn also „Geist" ein ewig Thätiges, — oder nach
Prof. Johannes Huber, — gleichsam einem Perpetuum mobile
vergleichbar wäre; wenn Geist demnach wäre eine Substanz,
als eine Einheit von Kräften gefasst, welcher ewiges Selbstbestimmen
zu Formen im Denken, Erkennen, Fühlen, Wollen
und ein Thätigsein nach Ideen, als ein Wirken, um diese
Ideen plastisch als selbstwirkende Formen darzustellen und
sich ihrer geniessend zu freuen: so müsste die Möglichkeit
gegeben sein, — welche wir thatsächlich in uns finden, —
dass zuletzt, nach dem Plane seines Urhebers, aus den aufsteigenden
Entwickelungen ein der ersten Ursache Aehn-
liches erscheine, durch sich stets summirende Wirkungen,
wenn keine Kraft verloren gehen kann.
Bildlich gesprochen, würde der menschliche Leib die
Betörte sein, in welcher sich durch den Naturprozess der
Individu algeist sublimirte. Nach dem Absterben des Leibes
würde das Produkt, — der Geist, — an den Ort seiner
eigentlichen Heimath und Bestimmung, d. h. in eine uns
zur Zeit zwar unbekannte, aber dennoch gewisse Welt
entrückt, aus welcher die Kräfte stammen, um dort entweder
als Lucifer's Nachtfalter, oder als lichter Schmetterling
— nach Dr. Schaffte — sich gleichsam zu entpuppen.
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